HR Today Nr. 10/2017: Benefits

Bitcoin als Lohn und Benefit?

Virtuelle Währungen verbreiten sich immer weiter und werden in zunehmendem Masse als Zahlungsmittel eingesetzt. Die wohl bekannteste Kryptowährung ist der Bitcoin. In normalen Kaufgeschäften führt ihr Einsatz kaum zu rechtlichen Fragen. Wenn Unternehmen aber ihren Arbeitnehmern den Lohn oder Teile davon in Bitcoin bezahlen, stellt sich die Frage: Verletzen sie damit geltendes Arbeitsrecht?

Virtuelle Währungen – so genannte Kryptowährungen – sind regelmässig Gegenstand kritischer Medienberichterstattung. Die starken Kursschwankungen verunsichern. Viele befürchten Missbräuche mit Blick auf die Kapitalmarktkontrollen oder hinsichtlich Geldwäscherei. Und immer wieder wird das Scheitern von Bitcoin und Konsorten prognostiziert.

Trotzdem verbreiten sich Kryptowährungen weiter und beflügeln auch die hiesige Start-up-Szene. Selbst in Restaurants sind inzwischen Bitcoin-Bankomaten und Automaten, an denen Bargeld in Bitcoin umgewandelt werden können, anzutreffen.

Entsprechend offerieren auch Arbeitgeber wie etwa das Beratungsunternehmen Swiss Economics SE ihren Angestellten vermehrt Löhne in Kryptowährungen. Es stellt sich allerdings die Frage, ob Lohnzahlungen in Bitcoin aus arbeitsrechtlicher Perspektive überhaupt zulässig sind.

Kauf oder Tausch?

Kryptowährungen sind im schweizerischen Privatrecht nicht geregelt. In der Praxis akzeptiert ist, dass virtuelle Währungen grundsätzlich als Zahlungsmittel verwendet werden, sofern sich die Parteien auf deren Einsatz geeinigt haben. In absehbarer Zukunft wird sich an dieser Nicht-Regulierung anscheinend nichts ändern – deshalb müssen wir für rechtliche Belange die Natur der Kryptowährung herausschälen.

Aus rechtlicher Sicht stellt sich bei Zahlungen in Bitcoin also die Frage, ob diese in «Geld» erfolgen oder ob etwa im Rahmen eines Kaufs Bitcoin gegen Waren oder Dienstleis­tungen eingetauscht werden: Dann würde der Bitcoin als «Ware» gelten. Im ersten Fall liegt juristisch gesehen ein Kauf, im zweiten Fall ein Tausch vor. Das Arbeitsrecht sieht zwar explizit die Möglichkeit von Geld- oder Naturallohn vor. Allerdings ist die Zulässigkeit der Lohnzahlung in virtuellen Währungen nicht höchstrichterlich entschieden. Auch Entscheide kantonaler Gerichte sind hierzu, soweit ersichtlich, keine ergangen.

Bitcoin als ausländische Währung

Die Schweizerische Steuerkonferenz empfiehlt, Bitcoin steuerlich wie eine ausländische Währung zu behandeln. Folgt man dieser Ansicht, so müssten wir die Lohnzahlung in Bitcoin der Lohnzahlung in einer ausländischen Währung gleichstellen.

Arbeitsrechtlich sind Geldlöhne grundsätzlich in Schweizer Franken auszurichten, sofern nichts anderes vereinbart oder üblich ist. Das bedeutet: Bei entsprechender Vereinbarung ist die Lohnzahlung in ausländischer Währung zulässig. Es ist aber zu beachten, dass Arbeitgeber dabei das Unternehmensrisiko nicht auf die Arbeitnehmer überwälzen dürfen. Vom Wechselkurs abhängige Löhne sind damit heikel.

Wenden wir diese Überlegungen auf den Bitcoin an, sind Lohnzahlungen in Bitcoin zulässig, sofern das Unternehmerrisiko nicht auf die Arbeitnehmer abgewälzt wird, indem etwa der Wechselkurs zulasten der Arbeitnehmer angepasst werden könnte, und sofern damit nicht eine Gruppe von Angestellten ungleich behandelt würde.

Bitcoin als Naturallohn

Das schweizerische Arbeitsrecht sieht neben der Zahlung des Lohnes in Geld auch die Möglichkeit von Naturallohn vor. Gerade, wenn der Teil des Lohnes, der in einer virtuellen Währung erbracht werden soll, einem vereinbarten Mindestbetrag in Schweizer Franken entspricht, ist die Lohnzahlung in Bitcoin grundsätzlich unproblematisch.

Das heisst, dass auch eine vom Steuerrecht abweichende Qualifikation virtueller Währungen als Ware für das Arbeitsrecht grundsätzlich unproblematisch ist.

Problematik des Wechselkurses

In der juristischen Lehre werden Lohnzahlungen in virtuellen Währungen dennoch vereinzelt als problematisch eingestuft. Ungeachtet der vorgenannten Ausführungen wird folgendermassen argumentiert: Aufgrund der hohen Volatilität von virtuellen Währungen ist die Höhe der effektiven Lohnzahlung nicht voraussehbar – aber genau diese Voraussehbarkeit ist ein wesentliches Merkmal des Lohnes.

Gemäss dieser Ansicht müsste ein Arbeitnehmer im Voraus stets objektiv seinen Lohn bestimmen können. Ausnahmen bestünden lediglich bei erfolgsbezogenen Vergütungen. Bei Lohnzahlungen in virtuellen Währungen sei zu befürchten, dass der Lohn bereits am Tag nach der Lohnzahlung viel weniger wert sei als davor. Lohnzahlungen in Bitcoin seien deshalb unzulässig, wenn die Lohnbeständigkeit nicht anderweitig garantiert sei.

Wir können dieser Meinung nicht vorbehaltlos folgen. Zum einen ist die Lohnzahlung in Naturalien und Fremdwährungen grundsätzlich zulässig. Gerade im Bereich der Lohnzahlung in ausländischen Währungen kann die Lohnhöhe in Schweizer Franken nicht restlos bestimmt werden. Zum anderen teilen wir in diesem Fall die Meinung nicht, dass die «Kaufkraft des Lohnes» voraussehbar sein müsse. Es ist vielmehr darauf zu achten, wie der Bitcoin-Lohn im Einzelnen vereinbart ist.

Grundsätzlich sind drei Varianten denkbar:

  1. Die Parteien vereinbaren einen Lohn rein in Bitcoin.
  2. Die Parteien vereinbaren einen Betrag in Schweizer Franken. Die Bezahlung erfolgt aber in Bitcoin, wobei der Lohn in Schweizer Franken per Stichtag in Bitcoin umgerechnet wird.
  3. Die Parteien vereinbaren einen Lohn in Schweizer Franken. Der Arbeitnehmer hat jeweils ein Wahlrecht, ob er Bitcoin will oder nicht, wobei der Lohn in Schweizer Franken per Stichtag in Bitcoin umgerechnet wird.

Als problematisch könnte sich Variante 1 erweisen, während die Varianten 2 und 3 eher unproblematisch sein dürften. Bei Variante 1 besteht tatsächlich das Risiko, dass der Arbeitnehmer bei grossen negativen Kursschwankungen keinen ausreichenden Lohn für seine Arbeit erhält, weshalb in einem solchen Fall für den Arbeitgeber die Gefahr besteht, dass er die Differenz zum branchenüblichen Lohn (Art. 322 OR) zusätzlich bezahlen muss. Hier könnte allenfalls per analogiam die Rechtsprechung zum Provisionslohn herangezogen werden, die besagt, dass wenn ein Arbeitnehmer ausschliesslich oder vorwiegend mit Provisionen entschädigt wird, diese ein angemessenes Entgelt bilden müssen, so wie dies Art. 349 Abs. 2 OR für den Handelsreisenden vorsieht (BGE 139 III 214 vom 2. Mai 2013; Praxis 12/2013 Nr. 114).

In den Varianten 2 und 3 erscheint uns das Risiko der Unrechtmässigkeit des Bitcoin-Lohns gering. In Variante 2, gerade wenn der Stichtag und der Zahltag des Lohnes identisch sind, ist der Lohn eindeutig bestimmbar und der Arbeitnehmer kann seine Bitcoin allenfalls sofort wieder in Geldwährung umtauschen. Nur bei extremen Schwankungen dürften sich Risiken ergeben. Bei Variante 3 steht unseres Erachtens der  Investitionsentscheid des Arbeitnehmers im Vordergrund – er entscheidet auf eigenes Risiko. Auch hier gilt aber, dass die Ungewissheiten am ehesten beseitigt werden können, wenn der Stichtag für die Umrechnung und der Zahltag des Bitcoin-Lohnes übereinstimmen. Weiter lässt sich die Unsicherheit entschärfen, wenn der Arbeitnehmer monatlich über die Auszahlung von Bitcoin entscheiden kann.

Es ist abzuwarten, wie die Gerichte entscheiden. Stets dürften die konkreten Umstände des Einzelfalls, insbesondere die konkreten Kursschwankungen, zu beachten sein. Bis heute sind jedoch keine Probleme bekannt. Die Problematik dürfte im Allgemeinen besonders entschärft sein, wenn nicht der ganze, sondern nur ein Teil des Lohns in virtuellen Währungen ausbezahlt wird.

Nicht zuletzt ist zu beachten, dass die Steuerbehörden regelmässig mit dem Problem von Bitcoin-Löhnen konfrontiert sind und dort die entsprechenden Einkünfte ohne weiteres wie Fremdwährungen behandeln.

Bitcoin als Gratifikationen

Die Gratifikation zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie zum Lohn hinzutritt und vom Willen des Arbeitgebers abhängig ist. Ungeachtet der Ausführungen zum Bitcoin-Lohn dürfte es zulässig sein, Gratifikationen in der Form von virtuellen Währungen auszurichten. 

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Nicolas Facincani, lic. iur., LL.M., ist Partner der Anwaltskanzlei Voillat Facincani Sutter + Partner. Er ist als Rechtsanwalt tätig und berät Unternehmen und Private vorwiegend in wirtschafts- und arbeitsrechtlichen Belangen. Er doziert zudem regelmässig zum Arbeitsrecht. www.vfs-partner.ch

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Reto Sutter, Dr. iur., LL.M., ist Partner der Anwaltskanzlei Voillat Facincani Sutter + Partner. Er ist Rechtsanwalt und dipl. Steuerexperte. Er berät Unternehmen und Private vorwiegend in wirtschafts- und arbeitsrechtlichen sowie steuerrechtlichen Angelegenheiten. www.vfs-partner.ch

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