Warum «work & care»-Programme fortschrittliche Organisationen auszeichnen
Obgleich die Mehrheit der Umfrageteilnehmer viele gute Gründe für ein zukunftsorientiertes Engagement im Bereich BGM nennt, fehlt es oftmals noch an einer konkreten Strategie für die Implementierung zukunftsfähiger «work & care»-Programme.
Folgende Schritte zur Umsetzung ihrer «work & care»-Strategie hat das Eidgenössische Departement des Innern EDI bisher unternommen: «Bereits seit 20 Jahren gewährleistet das EDI die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für seine Mitarbeitenden. Schon heute übernehmen viele Mitarbeitende Pflegeaufgaben für Eltern, Geschwister, kranke Kinder, Nachbarn oder Lebenspartner.
Es stellte sich daher die Frage was das EDI tun kann, um diese Mitarbeitenden zu unterstützen, damit sie Beruf und die Betreuung der Angehörigen unter einen Hut bringen können. Eine bereits umgesetzte Massnahme ist die Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Durch die Einführung von Jahresarbeitszeitkonten können Mitarbeitende geplant und in Notfällen in Abstimmung mit ihren Vorgesetzen auch ungeplant Pflegeaufgaben wahrnehmen.
Darüber hinaus galt es Wissenslücken zu schliessen und sowohl Mitarbeitende als auch Führungskräfte zu beraten und zu sensibilisieren. Hierfür wird eigens eine Informationsplattform über ‘work & care‘ im Intranet geschaffen. Weiter haben sich beispielsweise im GS-EDI zwei Personen auf das Thema ‘work & care‘ spezialisiert, sodass Mitarbeitende auch eine personalisierte Beratung erfahren können. Geplant ist voraussichtlich für 2013 auch eine Mitarbeitendenbefragung, um besser zu verstehen, wie viele Mitarbeitende genau von der ‘work & care‘ -Problematik betroffen sind und auch erste Erfahrungen darüber zu erhalten, wie Mitarbeitende mit dieser Doppelbelastung umgehen.»
Warum sollten sich Organisationen Ihrer Meinung nach in den Bereichen BGM und «work & care» engagieren?
- «Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird immer wichtiger»
- «Gesundheitlicher Ansatz zur Förderung der Leistungsfähigkeit und Mitarbeitendenzufriedenheit»
- «Gemeinsames Interesse des Arbeitgebers und Arbeitnehmers: Dient der Mitarbeitendenmotivation sowie der Personalretention und senkt den Knowhow-Verlust und die Fluktuationsrate»
- «Um Absenzen zu reduzieren und Kompetenzen in der Unternehmung zu behalten»
- «Weil damit grosse Kosten vermieden werden könnten»
- «Die gesellschaftliche Entwicklung erfordert dies!»
Beispielantworten aus der 2. HR-Umfrage. (pd)
Wie in diesem Praxisbeispiel veranschaulicht, planen gemäss Abbildung 6 ein Drittel der Befragten, ihr Engagement im Bereich «work & care» unmittelbar oder mittelfristig auszubauen.
Zugleich bleibt Optimierungspotential bestehen, vor allem im Hinblick auf die hohe Zahl von Umfrageteilnehmern, die momentan für ihre Organisation noch keine Massnahmen vorgesehen haben.
Individualisierte Karriereplanung als Erfolgsmethode
Die Ergebnisse unserer Umfrage belegen, dass die befragten Organisationen die Zeichen der Zeit erkannt und entsprechende Programme geplant haben. Allerdings wird auch deutlich, dass BGM und «work & care»-Massnahmen einen HRM-Ansatz nicht nur flankieren sollten, sondern individualisierte Karrierepfade das Rückgrat einer zukunftsfähigen Personalpolitik bilden.
In der 1. HR-Umfrage hatten zwei Drittel der Befragten erklärt, dass nicht-traditionelle Karrierewege wie beispielsweise der Wechsel zwischen Abteilungen, trotz erheblicher Probleme bei der Bindung von Mitarbeitenden wie auch bei der Stellenbesetzung nicht aktiv gefördert werden.
Als möglichen Ansatz hierfür hat Deloitte ein neuartiges Karrieremodell entwickelt, um eine langfristige Lebens- und Karriereplanung mit flexiblen Arbeitsstrukturen zu verbinden. Die beiden Deloitte-Beraterinnen Cathleen Benko und Anne Weisberg beschreiben «Mass Career Customization» in ihrem Buch als ein innovatives Karrierekonzept basierend auf der Erkenntnis, dass die traditionelle Vorstellung von firmeninternen Karriereleitern überholt ist.
Karrieren verlaufen heute nicht mehr nur linear aufwärts, sondern enthalten je nach Lebensphase und -situation auch bewusste Seitwärts- und Abwärtsbewegungen. Anstelle einer Karriereleiter sollten fortschrittliche Organisationen daher ein Karrieregitter aufbauen, das sowohl Aufstieg als auch Querbewegungen oder sogar einen planmässigen Abstieg ermöglicht. Dadurch wird Karriereplanung besser auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden zugeschnitten.
In Anbetracht der Umfrageergebnisse wird es spannend sein zu sehen, welche Organisationen den demographischen Wandel als Chance hin zu einer individualisierten Laufbahnplanung wahrnehmen. Die im Zusammenhang mit «Mass Career Customization» unternommen Anstrengungen versprechen, reich belohnt zu werden, da sie nicht zuletzt ein entscheidendes Wettbewerbskriterium beim Kampf um die besten Talente sind. (pd)
Was ist Mass Career Customization (MCC)?
Das Konzept leitet sich von «Mass Product Customization» ab. Unternehmen wie Starbucks oder Apple entwickeln schon lange Verkaufsstrategien, die einen hohen Grad an Individualisierung als zentrales Verkaufsargument bieten (wie beispielsweise iTunes, Kaffee, Klingeltöne etc.) Dies hat es ihnen ermöglicht, die Profitabilität zu erhöhen sowie Kosten zu reduzieren und die Kundenloyalität auszubauen.
Mass Career Customization verfolgt ähnliche Ziele: Grössere Mitarbeitendenzufriedenheit und Kosteneinsparungen aufgrund von geminderter Fluktuation. Nicht zuletzt ermöglicht MCC Mitarbeitenden, sich unabhängig von ihrer momentanen privaten Lebenssituation beruflich weiterzuentwickeln. (pd)
Die Deloitte HR-Umfrage wird zweimal im Jahr durchgeführt. Die nächste Umfrage ist für das 2. Quartal 2013 geplant. Wenn Sie an einer Teilnahme oder an den Ergebnissen interessiert sind, kontaktieren Sie bitte das Umfrage-Team unter chhrsurvey@deloitte.ch