«Durchschnitt ist nicht mein Thema»
Ganz oder gar nicht: Wenn Volker Stephan etwas tut, dann mit Leidenschaft. Und so arbeitet der HR-Leiter von ABB Schweiz 12 bis 14 Stunden täglich, ohne gross Ausgleich zu brauchen. Schliesslich ist sein Job sein Hobby. Leidenschaftlich geht er auch in die Luft – mit seinem Gyrocopter – und nach Amerika.
Volker Stephan mit seinem Gyrocopter: In der Nähe der deutschen Stadt Speyer schwingt er sich oft in die Lüfte. (Fotos: Johanna Bossart / zVg)
Steigt bei einem Helikopter der Motor aus, ist sofortige Notlandung angesagt. Bei einem Gyrocopter dagegen sieht es weniger dramatisch aus: Der Motor bewegt nur den Propeller, für den Auftrieb dagegen sorgt der Flugwind. Will heissen: Fällt der Motor aus, verliert der Gyrocopter nur langsam an Höhe und kann kontrolliert gelandet werden.
Da dieses Fluggerät der Ultraleichtklasse in der Schweiz nicht erlaubt ist, müssen Gyrocopterpiloten ins nahe Ausland ausweichen. Einer von ihnen ist Volker Stephan, Leiter Personal von ABB Schweiz. Gyrocopter fliegt er seit vier Jahren, seit zwei hat er seinen eigenen, parkiert in der Nähe der deutschen Stadt Speyer im Bundesland Rheinland-Pfalz.
Zur Person
Volker Stephan, Jahrgang 1966, studierte in seiner Geburtsstadt Mannheim Betriebswirtschaft und stieg danach direkt ins HR ein: Er startete 1990 bei der deutschen ABB Kraftwerke AG als Junior HR Business Partner und arbeitete sich zum stellvertretenden Leiter HR hoch. 1999 wechselte er als Leiter HR zur deutschen ABB Gebäudetechnik AG. Ab 2001 war er für die deutsche ABB AG tätig, zuletzt als Leiter zentrale HR Bereiche.
2008 kam Volker Stephan als Leiter HR -Development zur ABB Brown Boveri Ltd. in die Schweiz. Seit 2010 ist er Leiter Personal ABB Schweiz (mit 7000 Mitarbeitern) und Leiter Personal ABB-Region Zentraleuropa (27 000 Mitarbeiter). Im HR von ABB Schweiz arbeiten 90 Personen.
Volker Stephan ist seit 1991 verheiratet und Vater eines 21-jährigen Sohnes und einer 18-jährigen Tochter. Mit seiner Familie zog er 2008 in die Schweiz, zuerst nach Bülach, dann nach Rüschlikon und schliesslich nach Wilen. Zur Familie gehören auch zwei Hunde und ein Gyrocopter.
Zwei Meter über Meer
«Vom Fliegen habe ich schon immer geträumt», sagt Volker Stephan. «Gleitschirmfliegen wäre eine Möglichkeit gewesen, doch als Familienvater wollte ich ein sichereres Fluggerät.» Und so kam er auf den Gyrocopter. Zwei Personen können in seinem Calidus bis zu 800 Kilometer am Stück zurücklegen. Schnell gerät Volker Stephan ins Schwärmen, wenn er von der wendigen Maschine erzählt, von extremen Manövern oder dem Dahindüsen übers Meer, zwei Meter über der Wasseroberfläche.
Mindestens jedes zweite Wochenende pendelt der gebürtige Deutsche – manchmal mit, manchmal ohne Familie – in sein Heimatland. Um sich in die Lüfte zu erheben und auch, um Freunde, seine Mutter und seine Schwiegereltern zu besuchen und nach seinem Haus in der Nähe von Speyer zu schauen.
Ganz in der Nähe, in Mannheim, hat Volker Stephan Betriebswirtschaft studiert. Danach stieg er direkt ins HR ein. Denn: «Mit Menschen zu arbeiten, ist die abwechslungsreichste Tätigkeit überhaupt», sagt Stephan heute. Er startete 1990 als Junior HR Business Partner bei der ABB Kraftwerke AG und arbeitete sich hoch bis zum Leiter zentrale HR Bereiche bei der ABB AG, bevor er 2008 als Leiter HR Development ABB Brown Boveri Ltd. in die Schweiz kam und zwei Jahre später zum Leiter Personal der ABB Schweiz aufstieg.
Eingeschweizert
Dass Volker Stephan nach wie vor ein Haus in Deutschland besitzt, in der Schweiz mit seiner Frau und seiner Tochter «nur» zur Miete in einer Wohnung im schwyzerischen Wilen (Gemeinde Freienbach) lebt – das tönt, als wäre die Rückkehr nur eine Frage der Zeit. Doch Volker Stephan winkt ab: «Ich fühle mich nicht mehr sehr deutsch. Ich habe einige Schweizer Eigenschaften angenommen.» Etwa die weniger direkte Kommunikation. Auch schätze er die Art der Schweizer, Entscheidungen in einem «Vernehmlassungsprozess» zu fällen: «Das dauert länger, aber ist etwas einmal entschieden, so ist die anschliessende Umsetzung viel nachhaltiger.»
Nun für immer in der Schweiz zu bleiben, das muss allerdings auch nicht zwingend sein. Volker Stephan kann sich vorstellen, eines Tages HR-Leiter in einem anderen Kulturraum zu sein oder sich selbständig zu machen, sei es im Bereich HR oder mit etwas ganz anderem, vielleicht der Eröffnung einer Flugschule oder eines Steakhouses. Letzteres kommt nicht von ungefähr, besucht der Amerika-Fan mit seiner Familie doch seit 20 Jahren mindestens einmal pro Jahr den Übersee-Kontinent, oft Florida, wo er inzwischen viele Freunde hat.
Freude am Fliegen: Wie der Vater so der Sohn
Als grössten Erfolg seines Lebens bezeichnet der 47-Jährige seine Familie. Er hat 1991 geheiratet, sein inzwischen 21-jähriger Sohn lässt sich zurzeit in Stuttgart zum Piloten ausbilden, seine 18-jährige Tochter hat soeben die internationale Matura gemacht und interessiert sich für eine Ausbildung im Bereich Mode. Und seine Frau, ursprünglich Juristin, engagiert sich in ehrenamtlichen Projekten. «Auf meine Familie bin ich wirklich stolz», sagt der HR-Leiter, für den Loyalität, Zuverlässigkeit, Vertrauen und Treue zu den wichtigsten Werten zählen.
Als sein Vater an Krebs erkrankte, fuhr Volker Stephan jedes Wochenende nach Deutschland und begleitete ihn bis zum Tod. «Das war hart, das ging mir nahe», sagt er heute. Daneben habe es in seinem Leben bisher keine grossen Einschnitte gegeben.
Zu den beruflichen Höhepunkten gehört ein ABB-Generationenprojekt, das 2007 und 2011 die Auszeichnung «Bes-tes gesamtheitliches Konzept Deutschlands» erhielt. Auch sei die ABB im Bereich Talentmanagement weit im Vergleich zur Branche.
Ein Tiefpunkt war die Einführung eines HR-Service-Centers: «Wir haben damals Tools eingesetzt, die noch nicht ausgereift waren, und das Center zu sehr aus der HR-, statt aus der End-User-Perspektive entwickelt», erzählt Volker Stephan. «Heute läuft dieses Center bes-tens, aber damals hat das technisch nur teilweise funktioniert.»
Ausser Dienst
Das fasziniert mich: Technik und Gadgets. Ich bin ein richtiger Gadgetfreak. Weil ich Sachen machen möchte, die andere (noch) nicht machen. Mein nächstes Auto ist schon bestellt, das Tesla Model S, ein reines Elektrofahrzeug – die Ladetechnik stammt von ABB.
Da hole ich mir Adrenalin: Bei der jährlichen Männertour mit meinem Sohn. Einer Gletscherwanderung in Norwegen, der WM in Südafrika, kombiniert mit Weisse-Haie-Tauchen, oder beim Riverraften in den USA.
Das macht mich wütend: Ich bin nicht oft wütend, und wenn, dann renne ich nicht schreiend durch die Gegend. Das letzte Mal, als ich mir meine Wut habe anmerken lassen, war vor einem Jahr, als ein Arzt abschätzig über meinen sterbenden Vater gesprochen hat.
Darin bin ich so richtig mittelmässig: Im E-Gitarre- Spielen. Bis vor sechs Jahren war ich in einer Band, wir haben Eigenes und Coverversionen gespielt, zum Beispiel von AC/DC.
Das bringt mich zum Staunen: Natur, zum Beispiel der Grand Canyon. Technik, etwa der Burj Khalifa in Dubai. Und Leute, die etwas aussergewöhnlich gut können.
Geliebt und gehasst
Als wichtigste berufliche Eigenschaft bezeichnet der HR-Leiter seine Fähigkeit, Trends und Entwicklungen früh zu sehen. Zudem könne er gut Menschen und ihr Potenzial einschätzen, sei innovativ und habe einen hohen Qualitätsanspruch: «Durchschnitt ist nicht mein Thema.» Dafür werde er geliebt wie auch gehasst, denn um Exzellenz zu erreichen, sei Mehraufwand nötig.
Weil er seine Ideen mit Leidenschaft verfolge und schwer davon abzubringen sei, wirke er manchmal stur. Und wenn Menschen politisch agieren, könne er damit überhaupt nicht umgehen: «Ich bin da viel zu geradlinig, kann mich nicht verstellen. Dafür wissen die Leute, woran sie bei mir sind.»
Gegen den inneren Schweinehund
Volker Stephan arbeitet 12 bis 14 Stunden täglich, manchmal auch am Wochenende. «Mein Job ist mein Hobby und meine Leidenschaft», erklärt er, «deshalb bin ich nicht gestresst und brauche auch keinen grossen Ausgleich.»
Soll es doch einmal etwas anderes sein, so besucht Volker Stephan gerne Sportveranstaltungen: Spiele des FCZ, des ZSC, des Fussballvereins VfB Stuttgart, in den USA auch einmal Football, Baseball oder die NHL.
Früher hat Volker Stephan viel Sport betrieben, etwa Wandern oder Langlauf. Und gejoggt ist er täglich. Das möchte er jetzt wieder anfangen. Er hat gerade sein Gewicht reduziert, jetzt gilt es, den inneren Schweinehund zu überwinden. «Von Wilen ist es ein langer Arbeitsweg bis Baden. Ich stehe um halb sechs auf. Um täglich vor der Arbeit zu joggen, müsste ich vor fünf aufstehen.» Das Wissen, dass er das früher einmal konsequent durchgezogen hat, gebe ihm heute das Vertrauen, dass er es auch ein zweites Mal schaffe.
Ein weiteres Ziel von Volker Stephan ist ein spezieller Urlaub: «Ich will in absehbarer Zeit zwei meiner Leidenschaften verbinden und mit dem Gyrocopter mehrere Monate lang Amerika erkunden.»