Interne Kommunikation

Facebook-Effekt im Intranet: Alles so schön «social» hier

Im Intranet halten immer mehr Tools mit «Facebook-Charakter» Einzug. Wo Social Communities zum Einsatz kommen, wird auf Augenhöhe kommuniziert und das «Silo-Denken» überwunden. So frohlocken die Fans solcher Systeme. Doch wurde die Bedeutung für die interne Kommunikation in der Breite erkannt oder hinken die meisten Unternehmensstrukturen der Technik hinterher?

Sie tragen Namen wie «Yammer», «Jive», «IBM Connections», «Sales Force Chatter» oder «Beekeeper». Die heute auf dem Markt erhältlichen Social-Community-Tools ähneln punkto Benutzeroberflächen und Funktionen in vieler Hinsicht jener von Facebook. So verfügt jeder Benutzer über ein persönliches Profil, kann Statusmeldungen absetzen, persönliche Nachrichten verschicken, Posts mit «Likes» bewerten und kommentieren. Zudem lässt die Software das Teilen von Bildern und Dokumenten sowie das Erstellen von Umfragen zu. Ein integrierter Chat mit Statusmeldung informiert über die An- oder Abwesenheit von Mitgliedern in Echtzeit und Kontakte können beliebig hinzugefügt oder entfernt werden. Wer mag, nimmt an Events teil, erstellt selbst welche, tritt einer Gruppe bei oder gründet eine. Eine Kalenderfunktion informiert über Events und eine Suchfunktion stellt sicher, dass alle in der Community verfügbaren Daten auffindbar sind.

Nutzenanalyse unerlässlich

Ob «Yammer», «Jive», «IBM Connections», «Sales Force Chatter» oder die Schweizer Lösung «Beekeeper»; noch vor der Frage, welche Plattform im Unternehmen genutzt wird, sollte zur Diskussion stehen, wofür Social Communities im Unternehmen überhaupt eingesetzt werden und inwiefern diese dazu beitragen, die Unternehmensvision, Mission und die darauf abgestimmten Unternehmensziele zu erreichen. Stehen die Steigerung der Effizienz und der Abbau von Bürokratie im Vordergrund? Soll der Onboarding-Prozess neuer Mitarbeiter erleichtert oder die Innovationsfähigkeit des Unternehmens gefördert werden? Diese Fragen gilt es vorerst zu klären.

«Ohne gründliche Analyse, wozu ein Social-Community-Tool überhaupt eingesetzt werden soll, laufen solche Projekte ins Leere oder verlieren schnell an Akzeptanz. Dann bieten sie schlicht und einfach keinen bewertbaren Nutzen», sagt Götz Oertel, Senior Business Consultant bei Fritz & Macziol, einem Beratungsunternehmen im Bereich Social Collaboration, zu dessen Kunden namhafte Brands wie Skoda zählen.

Individuelle Problemstellungen als Treiber

Gemäss Oertel werden Social-Community-Projekte in Firmen oft aus der spezifischen Problemstellung einer bestimmten Abteilung ins Leben gerufen: «Das kann beispielsweise die Forschungs- und Entwicklungsabteilung einer Firma sein, die für sich eine Lösung entwickelt hat und der Nutzen für das Gesamtunternehmen wird erst später erkannt.»

Bei der Softwarefirma Netcetera war es die sinkende Zufriedenheit der Mitarbeitenden mit der internen Kommunikation, welche den Anstoss für die Entwicklung einer sozialen Plattform gab, die kürzlich im gesamten Unternehmen eingeführt wurde. «Unser rasches Wachstum von 120 auf 350 Mitarbeitende innert sechs Jahren hatte dazu geführt, dass auf den herkömmlichen Kommunikationswegen nicht mehr alle Mitarbeitenden zu erreichen waren und dem Management zunehmend der Bezug zur Basis abhandenkam», erläutert Sabine Bamert, Head Corporate Communications bei Netcetera.

Im Fall der Hotelkette Swissôtel wiederum war die Idee eines Social-Community-Tools gleich Chefsache. Der Stein wurde von Pierre Botteron, Vice President Human Resources Europe, ins Rollen gebracht. Er hatte erkannt, dass das Silo-Denken zwischen den einzelnen Bereichen im Hotel (Küche, Reception, Backoffice) und der fehlende Austausch zwischen den vier Schweizer Standorten der Hotelkette sich zunehmend als Hindernisse erwiesen, um das Mitarbeiter-Engagement zu steigern und damit den Kundenservice weiter zu verbessern.

Der Fall «Swissôtel»

Um ihre Social-Community-Plattform «Talk» einzuführen, entwickelte Swiss-ôtel zusammen mit zwei Start-ups – dem Beratungsunternehmen Inspire 925 GmbH und dem ETH-Spinoff Beekeeper – einen Rollout-Plan, der sich über knapp zwei Monate erstreckte. Zu Beginn erfolgte eine Mitarbeiterbefragung, die den Ist-Zustand der Mitarbeiterzufriedenheit er-mittelte. Im Zentrum der Planung stand eine Roadshow, mit der «Talk» an allen Schweizer Standorten der Hotelkette vorgestellt wurde.

Zusätzlich wurden die Mitarbeitenden über verschiedene Online- und Offline-Kanäle für die neue Community und die dort diskutierten Themen sensibilisiert: je fünf Mal per Newsletter, wöchentlich erscheinenden Blogbeiträgen und einen Online-Wettbewerb sowie per Flyer und an mehreren Get-Together-Events. Von den insgesamt 350 Mitarbeitenden registrierten sich aufgrund dieser Massnahmen zunächst 120 Personen. Die Schlussbefragung zeigte dabei deutlich auf, dass Mitarbeitende, die sich aktiv in der Community beteiligt hatten, zufriedener waren und sich weniger gestresst fühlten als zu Beginn des Projekts. Wer sich erst mal darauf eingelassen hatte, wollte «Talk» fortführen. «Social-Community-Tools helfen eine konstruktive Feedback-Kultur zu pflegen, abteilungsübergreifend zu kommunizieren und sich über Innovationen auszutauschen», resümiert Beekeeper-CEO Cristian Grossmann.

Potenzial und viele Stolpersteine

Fakt ist, dass Social Communities das Potenzial haben, die Art und Weise der bisherigen Kommunikation und den Umgang mit Informationen zu revolutionieren. Richtig genutzt, tragen diese dazu bei, dass Informationen auf allen Ebenen geteilt werden und innerhalb des Unternehmens frei fliessen. Kommuniziert wird bottom-up, top-down und peer- to-peer.

Den leisen Verdacht, dass Social Communities heute in den Unternehmen nicht so genutzt werden, wie sie könnten, bestätigt Götz Oertel: «Meist werden bestehende Arbeitsweisen in anderen Tools weitergeführt. Oder es existieren nur minim veränderte Ansätze, um über unternehmensinterne Grenzen hinwegzudenken. So werden zwar Blogs und Foren genutzt, um Ideen zu erfassen und zu entwickeln, doch geschieht dies meist im selben Personenkreis wie vorher und mit denselben Entscheidungsträgern.»

Christoph Müller, Principal Consultant bei Peaches Industry, einer dreiköpfigen Beratungsfirma, die sich auf die Optimierung von Intranet-Plattformen spezialisiert hat, ergänzt die Liste von möglichen Stolpersteinen bei der Implementierung von Social-Community-Tools: «In vielen Unternehmen wird das Teilen von Informationen nicht ausreichend gefördert, denn oft ist das Management nicht bereit, Informationen zu teilen, weil es sich nicht ersetzbar machen will.»

Somit steht und fällt der Erfolg einer Social Community in erster Linie mit der Unternehmenskultur. Wer nicht bereit ist, die Kontrolle über Informationen abzugeben, Kritik zuzulassen und zuzuhören, wird das Potenzial, das Social Communities in der Theorie bieten, nicht verwirklichen können.

Wie sich Akzeptanz schaffen lässt

Damit Mitarbeitende sich firmenintern auf sozialen Plattformen engagieren, müssen sie den Sinn des Vorhabens verstehen und die Zeit dazu haben, sich mit dem Tool zu beschäftigen. Das ist schon auf Top-Management-Ebene abzusichern. Ohne gemeinsames Verständnis für den Sinn und Zweck eines Social-Community-Tools lässt sich das Engagement der Mitarbeitenden nicht fördern. Und ohne das Engagement des Managements ist eine Community auf breiter Basis nicht zu verankern. «Das Management muss vorleben, was es von anderen verlangt., denn die Mitar-beitenden müssen sehen, dass der Chef auch -mitmacht», meint Netcetera-Kommunikations-chefin Sabine Bamert.

Worin könnte der persönliche Nutzen eines -Social-Community-Tools für Mitarbeitende be-stehen? Nehmen wir als Beispiel den Onboarding-Prozess neuer Mitarbeiter: Oft sind es simple Fragestellungen, die von erfahrenen Community-Mitgliedern innert Sekunden beantwortet werden können. Wer vor geschäftlichen Entscheidungen Zweitmeinungen hören möchte, kann sich das Feedback der Community einholen: «Welche Plakat-Variante findet ihr besser, a oder b?» Und steht ein Problem an, das in Eigenregie nicht lösbar ist, lassen sich spontan Gruppen organisieren, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Aus der Vielzahl an Beiträgen, Kommentaren und Dokumenten lassen sich im Nu relevante Informationen zur aktuellen Fragestellung herausfiltern. 

Natürlich sind es auch Anerkennung und Wertschätzung, die Menschen motivieren, sich in Communities aktiv zu beteiligen. Als Helfer, indem sie andere Nutzer unterstützen, sich zurechtzufinden, durch eigene Beiträge oder durch das positive Feedback ihrer Peers.

Mitarbeitende, die eine Social Community nur als zusätzlichen Arbeitsaufwand empfinden, der nichts mit ihrer Arbeit zu tun hat, sich mit Informationen bombardiert sehen und es obendrein mit einer nur partiell funktionierenden Plattform zu tun haben, deren Feedback nicht beantwortet wird, ein kompliziertes Anmeldeverfahren – all das sind Gründe, die Frustrationen hervorrufen und dazu führen, dass Mitarbeitende kein Engagement zeigen. Damit eine Community überlebensfähig ist, gilt es, solche Fallen zu vermeiden.

Etikette und «Regelbrecher»

Erfolgreich ist eine Community dann, wenn sie es in kurzer Zeit schafft, Menschen, die eine Affinität zu den sozialen Medien haben und solche, die sich damit nicht auskennen, zusammenzubringen. Dafür bedarf es während und nach der Einführungsphase eines abgestimmten Plans, der Aktivitäten der Online-Welt gleichermassen berücksichtigt wie jene, die in der «Offline-Welt» stattfinden. «Damit sich die Early -Adopters einer Community nicht wie Partygänger in einem leeren Raum fühlen», so Cristian Grossmann, «ist dafür zu sorgen, dass von Anfang an Inhalte vorhanden sind. Power User helfen Ungeübteren, sich rasch in der Community zurechtzufinden sowie die Dos and Don’ts der Community kennen zu lernen und damit die Hemmschwellen bei der Nutzung zu senken.»

Auch nach erfolgreichem Start muss eine Community betreut werden. «Community Manager» geben Anstösse, beantworten jene Fragen, die Benutzer nicht selbst beantworten, und verweisen auf die Etikette, sofern «Regelbrecher» nicht durch ihre Peers in die Schranken gewiesen werden. Sie tun schlicht das, was ihr Name sagt: sie «managen die Community». Keinesfalls darf eine Social Community als ein Projekt verstanden werden, das einen Anfang und ein Ende hat.

Ein sich ebenfalls wiederholender Prozess sind die Auswertung von Kennziffern und der Nachweis der Wirksamkeit. So zum Beispiel, wie viele User sich wann eingeloggt haben, welche Artikel am häufigsten gelesen wurden, welche Beiträge die meisten Likes erzielten, oder worüber in den Communities gesprochen wurde. Wer Social Communities «versteht» und als Chance -statt als Bedrohung wahrnimmt, befindet sich am Puls seines Unternehmens und kann proaktiv Hinweise aufgreifen und im Unternehmen richtig platzieren. Eine Chance für das HR.

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Chefredaktorin, HR Today. cp@hrtoday.ch

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