Nachhaltige Personalplanung

Generationenübergreifend ein attraktiver Arbeitgeber sein

Vier Generationen, ein Arbeitsplatz: Wie gelingt es Unternehmen, für alle attraktiv zu bleiben? Eine lebensphasenorienterte Personalpolitik, flexible Führung, regelmässiger Wissensaustausch und die richtigen KPI können helfen.

Schon heute kämpfen viele Unternehmen in der DACH-Region mit einem akuten Mangel an Fachkräften. Dieser wird in den kommenden Jahren weiter steigen, weil in ihnen mehr Mitarbeitende der Generation Babyboomer aus dem Erwerbsleben ausscheiden als Angehörige der Generation Z (und mittelfristig der Generation Alpha) nachrücken werden. Hieraus erwachen für die Unternehmen nicht nur neue Herausforderungen bei der Personalsuche, sondern auch Personalführung und -entwicklung, wenn sie sicherstellen möchten, dass sie ausreichend Mitarbeitende und das erforderliche Know-how zum Erbringen ihrer Leistung und Erreichen ihrer Ziele haben.

Langfristig erfolgreich sind die Unternehmen zudem nur, wenn die für sie tätigen Personen trotz ihrer teils unterschiedlichen Bedürfnisse und Werthaltungen generationenübergreifend effektiv zusammenarbeiten und sich so stark mit ihrem Arbeitgeber identifizieren, dass ihm zumindest die Leistungsträger treu bleiben, selbst wenn sie andere Jobangebote haben.

Ein attraktiver Arbeitgeber im Generationenmix sein

Den Mitarbeitenden ein gutes bis sehr gutes Gehalt und flexible Arbeitszeiten zu bieten, reicht in diesem Umfeld nicht mehr aus, um ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Das erachten nicht nur die nachrückenden Mitarbeitenden heute als selbstverständlich. Womit Unternehmen aber oft noch punkten können, ist ihre Kultur – also unter anderem damit, • wie wertschätzend und respektvoll in ihrer Organisation der persönliche Umgang miteinander ist (funktions- und hierarchieübergreifend),

  • wie vertrauensvoll und offen in ihr kommuniziert wird und
  • welche Entwicklungs- und Gestaltungsmöglichkeiten die Mitarbeitenden haben.

Eine Unternehmenskultur zu schaffen, die den Erwartungen aller Mitarbeitenden entspricht, fällt vielen Unternehmen auch schwer, weil diese sich in unterschiedlichen Lebensphasen befinden und ihre Bedürfnisse stark divergieren. So haben Berufseinsteigende, die noch Singles sind, meist andere Erwartungen an ihren Arbeitgeber als gestandene Fach- und Führungskräfte, die Väter oder Mütter von Kindern sind. Und Arbeitnehmende, die in absehbarer Zeit in den Ruhestand gehen, haben wiederum andere Bedürfnisse als solche, die ihr Berufsleben noch weitgehend vor sich haben. Deshalb müssen Förder- und Entwicklungsangebote differenziert sein.

Lebensphasenorientiertes Personalmanagement: differenzierte Angebote für alle Generationen

Der Begriff «Lebensphasenorientiertes Personalmanagement» bezeichnet einen HR-Ansatz, der akzeptiert, dass die Bedürfnisse der Mitarbeitenden nicht nur individuell verschieden sind, sondern auch von der Lebensphase abhängen, in der sie sich befinden. Er zielt darauf ab, ein Arbeitsumfeld zu kreieren, das für alle Mitarbeitenden attraktiv und unterstützend ist, ganz gleich in welcher Lebensphase sie sich befinden. Einen solchen Ansatz im Betriebsalltag zu realisieren, ist herausfordernd, denn ausser den Erwartungen der Mitarbeitenden an ihren Arbeitgeber, sind auch deren Motive, warum sie diese haben, verschieden. Ein Beispiel dafür ist der Wunsch nach flexiblen Arbeitszeiten und im Homeoffice arbeiten zu können. Berufseinsteigende wünschen sich diese Möglichkeiten oft, damit sie leichter auch ihren Hobbies nachgehen können oder weil sie eine Fernbeziehung führen. Bei Mitarbeitenden in der Lebensmitte hingegen erleichtert es ihnen das Betreuen ihrer Kinder oder die Pflege von Familienangehörigen.

Ähnliches gilt auch für das Bedürfnis nach Wertschätzung. Was das bedeutet, kann bei den Mitarbeitenden abhängig von ihrer Persönlichkeit und Lebenssituation sehr verschieden sein. Deshalb ist es für den Auf- und Ausbau eines Lebensphasenorientierten Personalmanagements wichtig,

  • in einem lebendigen Dialog mit den Mitarbeitenden zu stehen,
  • sich regelmässig Feedback von ihnen einzuholen und
  • beim Finden passender Lösungen flexibel und kreativ zu sein.

Unternehmenskultur: Eine gemeinsame Wertebasis schaffen

Wie die Mitarbeitenden eines Unternehmens zusammenarbeiten und miteinander kommunizieren, hängt massgeblich von der Unternehmenskultur ab. In der von rascher Veränderung und sinkender Planbarkeit geprägten VUKA-Welt ändern sich jedoch ausser den Herausforderungen, vor denen die Unternehmen stehen, auch die Erwartungen der Mitarbeitenden an ihre Arbeitgeber immer schneller. Hierauf muss die Personalpolitik reagieren. Das erfordert eine Unternehmenskultur,

  • die offen für Veränderungen ist,
  • die Individuen wahr- und ernstnimmt und
  • deren Verschiedenheit respektiert, so dass sich alle Mitarbeitende wertgeschätzt fühlen.

Talentmanagement: Einen gezielten Kompetenzaufbau betreiben

Aktuell wissen viele Unternehmen noch nicht, welche Fähigkeiten ihrer Mitarbeitenden künftig brauchen. Trotzdem ist ein an den strategischen Zielen orientiertes Talentmanagement für den nachhaltigen Erfolg der Unternehmen wichtig. Dabei geht es primär darum, ein Umfeld zu kreieren, in dem sich alle Mitarbeitenden weiterentwickeln und ihr Potenzial entfalten können. Das setzt auch ein differenziertes Verständnis Potenziale der verschiedenen Generationen voraus. Während die älteren Mitarbeitenden meist über ein fundiertes Fachwissen und eine langjährige Erfahrung verfügen, bringen die jüngeren oft frische Perspektiven, Innovationskraft und digitale Kompetenzen ein. Das Talentmanagement sollte darauf ausgerichtet sein, die jeweiligen Kompetenzen der Generationen gezielt zu fördern.

Von zentraler Bedeutung ist dabei die Personalentwicklung. Sie soll individuelle und kontinuierlich Entwicklungspläne und Weiterbildungsprogramme entwickeln. Bietet ein Unternehmen seinen Mitarbeitenden Entwicklungsperspektiven entsprechende Karrieremöglichkeiten, dann fördert dies auch ihre Bindung an das Unternehmen. Ein wichtiges Stichwort hier ist das «lebenslange Lernen».

Führung: Flexibel auf die verschiedenen Bedürfnisse reagieren

Die unterschiedlichen Erwartungen, Bedürfnisse und Arbeitsweisen der Mitarbeitenden erfordern von den Führungskräften ein sehr flexibles Rollenverhalten. Statt strenger Hierarchien und starrer Führungsmodelle sind heute Flexibilität, Empathie und Anpassungsfähigkeit beim Führen und Motivieren der Mitarbeitenden gefragt.

Wichtig ist es dabei, ein Gleichgewicht zwischen Autonomie und Unterstützung zu finden. Das bedeutet,

  • den Mitarbeitenden genügend Freiraum für ein eigenverantwortliches Arbeiten und Entscheiden zu gewähren und
  • ihnen zugleich als Führungskraft die nötige Unterstützung und das gewünschte Feedback zu geben.

Zielführend sind auch intergenerationale Teamstrukturen und Projekte. Sie beflügeln den generationenübergreifenden Wissensaustausch und das Voneinander-lernen, führen oft zu neuen Problemlösungen und Stärken den Teamspirit.

Kommunikation: Brücken zwischen den Generationen bauen

Eine effektive, von wechselseitiger Wertschätzung geprägte Kommunikation stärkt den Zusammenhalt im Team und ermöglicht eine reibungslose Zusammenarbeit. Dabei gilt es zu beachten, dass jede Generation ihre Kommunikationsvorlieben hat. Während ältere Mitarbeitende zum Beispiel oft die direkte persönliche Kommunikation, sei es face-to-face oder per Telefon bevorzugen, präferieren die jüngeren zumindest in der Alltagskommunikation oft die digitalen Medien. Beim Definieren der Kommunikationskanäle sollten die Unternehmen diesem Fakt Rechnung tragen. Es gilt sich auf einen ausgewogenen Mix zwischen persönlicher und digitaler Kommunikation zu verständigen, in dem alle Mitarbeitenden sich wiederfinden, will er ihrem situations- und personenbedingten Bedarf entspricht.

Wichtig ist zudem das gezielte Fördern einer offenen, von wechselseitigem Respekt geprägten Kommunikationskultur. Alle Mitarbeitenden sollten generationen- sowie funktions- und hierarchieübergreifend dazu ermutigt werden, ihre Ideen, Anliegen und Perspektiven einzubringen. Das schafft ein Umfeld, in dem sich jeder Einzelne gehört fühlt, was wiederum die Zusammenarbeit und den Wissensaustausch zwischen den Generationen stimuliert.

Wissensmanagement: Aus den Erfahrungen für die Zukunft lernen

Ein professionelles Wissensmanagement schlägt unter anderem eine Brücke zwischen dem Erfahrungswissen der älteren Mitarbeitenden und der Innovationskraft der jüngeren. Dies ist in einer Zeit des raschen technologischen Fortschritts und Wandels wichtig, um in einer Organisation einerseits das vorhandene Wissen zu bewahren und andererseits den erforderlichen Raum für neue Ideen und Innovationen zu schaffen.

Ein effektives Wissensmanagement setzt voraus, dass in einem Unternehmen eine Kultur der Offenheit und des wechselseitigen Austauschs besteht. Dies erfordert wiederum formelle und informelle Lern- und Austauschplattformen, auf denen die Mitarbeitenden generationsübergreifend ihr Wissen teilen und voneinander lernen können. Demselben Ziel dienen Mentorship-Programme und intergenerationale Projektteams sowie Workshops und Schulungen.

Zielführend sind zudem interaktive Wissensdatenbanken und Kollaborationstools, die generationenübergreifend einen einfachen und effizienten Austausch von Informationen und Erfahrungen ermöglichen.

Erfolgsmessung: Mit KPIs den Erfolg messen und bewerten

Eine Erfolgsmessung im Generationenmix ist wichtig, um die Effektivität der Massnahmen und Strategien zum Steigern der Attraktivität als Arbeitgeber zu bewerten und zu optimieren. Ein zentraler Key Performance Indicator (KPI) ist hierbei die Mitarbeiterzufriedenheit. Regelmässige Mitarbeiterbefragungen können Aufschluss darüber geben, wie zufrieden die Mitarbeiter mit ihrem Arbeitsumfeld, den Benefits, der Unternehmenskultur und der Führung im Generationenmix sind. Eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit ist ein Indikator für ein positives Arbeitgeberimage und wirkt sich positiv auf die Mitarbeiterbindung und -motivation aus.

Ein weiterer wichtiger KPI ist die Mitarbeiterfluktuation. Eine niedrige Fluktuationsrate deutet darauf hin, dass die Mitarbeitenden sich mit den Werten und Zielen des Unternehmens und dessen Kultur identifizieren. Eine hohe Anzahl langjähriger Mitarbeiter weist zudem auf eine erfolgreiche Personalpolitik und -arbeit hin.

Die Ergebnisse der zur Erfolgsmessung ausgewählten KPIs sollten die Unternehmen regelmässig analysieren und hieraus Handlungsempfehlungen ableiten. Diese Evaluation und Optimierung sollte ein kontinuierlicher Prozess sein, um dauerhaft den sich rasch wandelnden Anforderungen (nicht nur) der Mitarbeitenden an Unternehmen gerecht zu werden.

Fazit: Generationübergreifendes Miteinander

Ein gezielter Auf- und Ausbau eines attraktiven Arbeitgeberprofils im Generationenmix ist in der VUKA-Welt nötig, um als Unternehmen auch künftig im Wettbewerb um die raren Fach- und Führungskräfte erfolgreich zu sein. Er zielt darauf ab, die Stärken der verschiedenen Mitarbeitergenerationen gezielt für den Unternehmenserfolg zu nutzen, indem das Unternehmen eine inklusive Unternehmenskultur entwickelt, die unter anderem das lebenslange Lernen in der Organisation fördert. Das Entwickeln einer solchen Kultur erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der von der Personalrekrutierung über die Personalentwicklung bis hin zur Personalführung und Erfolgsmessung reicht.

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Hans-Peter Machwürth ist Geschäftsführer der international agierenden Trainings- und Beratungsunternehmens Machwürth Team International (MTI Consultancy), Visselhövede. www.mticonsultancy.com

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