HR-Beratung

Guter Rat ist nicht weit: Für jede Sparte gibt es den geeigneten Spezialisten

Berater gibt es für alle möglichen Themen und Bereiche, auch innerhalb der HR-Branche. Welche Fragen beschäftigen die HR-Fachleute in den Unternehmen? Wie gestaltet sich dabei die Zusammenarbeit zwischen HR und externen Beratern? Und was bewegt die Personalleute in Zukunft? Drei Beraterinnen und zwei Berater gaben HR Today die Antworten.

Ist jetzt im Aufschwung der Bedarf an 
Outplacement- und Restrukturierungs-
Beratungen zurückgegangen? Und wie schätzen Sie die Entwicklung für die kommenden Monate ein?

Monica Di Renzo, Personalberaterin OTP: «Qualifizierte Fachkräfte sind nach der Krise wieder vermehrt gesucht. Im Moment sind bei uns Dienstleistungen vor allem in der Entwicklung von Change-Prozessen sehr gefragt. Dass die Restrukturierungen in Unternehmen vorbei sind, kann man nicht pauschal sagen. Hier gibt es Branchenunterschiede. Vor allem bei den Banken, in der Maschinenindustrie, Metallverarbeitung und Elektronik ist der Aufschwung spürbar. Auch im Vormarsch sind Zulieferer und der Verkauf. Noch verhalten ist die Tendenz im Versicherungsbereich. Die Anpassung an die Krise und Globalisierung ist dort noch nicht abgeschlossen. Im Moment zeichnet sich eine Restrukturierungsphase im Pharmabereich ab. Diese Branche ist derzeit wegen der Medikamentenpreise im globalen Wettbewerb sehr unter Druck.

Outplacement und Veränderungsprozesse sind immer noch sehr grosse Themen, aber auch diese Abläufe mussten sich in den vergangenen Jahren an die neue Schnelllebigkeit anpassen. Veränderungsprozesse im Dienstleistungssektor tendieren in Richtung Innovation, da die Kurzlebigkeit zunehmende Mobilität zur Folge hat. Im Allgemeinen weist die Richtung in höhere Wertschöpfung. In Change-Projekten ist im Gegensatz zu früher der Stellenwert in Bezug auf «custom design» (Umsetzung und Transfer in den Alltag) wichtiger geworden.

Dies verlangt branchenübergreifende Kenntnisse sowie spezifische Kompetenz zur jeweiligen Problemstellung, professionelle Empathie, methodisches Know-how, Partnerschaftlichkeit, respektive gemeinsame Gestaltung und Transparenz in Bezug auf Leistung und Erwartungen. Oft sind die HR Business Partner in die Leistungen Abbau, Entwicklung und Wachstum involviert. Hier ist eine externe Beratung für beide Seiten gewinnbringend, um allenfalls fehlende Kompetenzen zu ergänzen. In Zukunft werden beide Seiten vermehrt die Ressourcen austauschen (müssen).

Gefragt sind auf beiden Seiten Spezialisten mit fundiertem Fachwissen für das entsprechende Beratungssegment. Gerade bei Change-Prozessen ist ein betriebswirtschaftlicher Hintergrund unterlässlich. Oft sind Outplacementberatungen in einen Restrukturierungsprozess eingebunden. Dem Unternehmen hilft dies, die entsprechenden Veränderungsprojekte effizient und sozial verträglich zu gestalten. Den Kandidaten nützt es, die berufliche Entwicklung mit geringer Divergenz weiterzuführen. Das gilt sowohl für Mitarbeitende und Führungskräfte.»

Sind Frauen in Führungspositionen wirklich gesucht und erwünscht, und wie erleben Sie in der Praxis die Diskussion um eine Frauenquote?

Angelika Bräm, Inhaberin Evalution GmbH: «Die Frauenfrage ist in der Tat ein wichtiges Thema, und wir hören immer wieder Firmen, die sagen, sie wünschten sich vermehrt Frauen, doch sie würden keine finden. Sicher gibt es Berufszweige, bei denen das zutreffen kann. Doch wir haben die Erfahrung gemacht, dass es – wenn man genauer hinschaut – sehr wohl viele fähige und überzeugende Frauen gibt. Aktuell arbeiten wir in einem auf solche Fragestellungen fokussierten Projekt eng mit einem global ausgerichteten IT-Unternehmen zusammen, das sich zum Ziel gesetzt hat, ihren bereits heute beachtlichen Frauenanteil kontinuierlich weiter zu erhöhen. Dafür bauen wir ein Kontaktnetzwerk zu potenziellen Kandidatinnen auf, die von unserer Mandantin bei einer entsprechenden Vakanz in die Evaluation mit einbezogen werden können. Entweder sofort oder für die mittel- oder auch längerfristige Personalplanung. Die Frauen werden so sichtbar und es wird kein Statement wie «wir haben keine Frau gefunden» mehr geben.  Es ist beachtlich, wie erfreulich sich dieses Projekt entwickelt und unser Kunde von einem überaus positiven Echo seitens der Business-Frauen profitiert. Wir rekrutieren qualifizierte Frauen zu einem grossen Teil über unsere gut ausgebauten Netzwerke. Hieraus resultieren nicht nur interessante direkte Kontakte zu Kandidatinnen, sondern auch Empfehlungen für die eine oder andere Vakanz. Meist ist es zusätzlich jedoch unerlässlich, im Rahmen einer gezielten Direktansprache – auch über die Landesgrenzen hinaus – nach den bestgeeigneten Kandidaten und Kandidatinnen zu suchen.

Firmen beauftragen uns in der Regel auf Mandatsbasis, die passende Fach- oder Führungskraft zu suchen. Da wir spezialisiert sind auf die Vermittlung von weiblichen Fach- und Führungskräften, ist es uns ein Anliegen, jeweils auch Frauen auf unseren Short-Lists zu präsentieren. Aber trotzdem vertreten wir grundsätzlich den Standpunkt, dass die richtige Person – egal ob weiblich oder männlich – die Stelle besetzen sollte. Frauenquoten erachte ich persönlich deshalb nicht als sinnvoll, weil damit keine «natürliche» Auswahl stattfände. Der «Quoten-Weg» kann die Glaubwürdigkeit einer weiblichen Stellenbesetzung untergraben und stellt somit für die Frauen eher ein Gefahrenpotenzial dar. Da der «War for talents» in den nächsten Jahren stetig zunehmen wird, sind wir überzeugt, dass externe Personalberatungen mit entsprechender Qualität und Spezialisierung nach wie vor gefragt sein werden.»

Welchen neuen Anforderungen muss das HR begegnen, und inwieweit prägt oder verändert dies Ihrer Meinung nach die Beziehung des HR zu externen HR-Beratern?

Heike Gorges, Verwaltungsrat HRblue 
International AG: «Die Anforderungen an die Unternehmen, sich im Bereich Human Resources weiterzuentwickeln und businessorientierter aufzustellen, sind in den vergangenen Jahren gestiegen und werden weiter wachsen. Dieser Prozess wurde durch die Krise nur stellenweise unterbrochen – der Trend ist aus meiner Sicht nachhaltig. Im globalen Wettbewerb, den die grossen internationalen Unternehmen, aber auch die regionalen Anbieter zu spüren bekommen, wachsen die Anforderungen an die internen HR-Experten und Führungskräfte. Der Bedarf an externer HR-Beratung wird künftig noch weiter steigen, da der Veränderungsdruck auf die Unternehmen schnelle und flexible Lösungen in HR-Themen fordert. Um diese neben dem Tagesgeschäft umzusetzen, braucht es zusätzliche HR-Kapazitäten, die über externe Berater oder Interimsmanager eingebracht werden können. Wir merken diese Marktentwicklung auch an unserer Dienstleistung Rekrutierung im HR-Bereich. Es werden zwar quantitativ nicht mehr vakante Stellen besetzt, aber die Anforderungen an Bewerberinnen und Bewerber sind inhaltlich anspruchsvoller geworden.

Die neue Rolle des HR Business Partners wird in vielen Unternehmen als Beratungsrolle verstanden, die den Business Manager in strategischen HR-Fragen und in der Mitarbeiterentwicklung unterstützt. Diese Rolle wurde früher auch schon mal durch externe Personalentwicklungstrainer erfüllt. Hier könnte sich eine Veränderung in der Zusammenarbeit mit externen Anbietern ergeben. In unserem Bereich Recruitment Services besetzen wir solche HR-Business-Partner-Rollen. Diese Suchaufträge sind sehr spannend, da es noch nicht ausreichend viele sehr gut qualifizierte HR Business Partner am Markt gibt und die Passung der richtigen Person zum Unternehmen sehr wichtig ist. Auch die klassischen Positionen wie HR-Manager oder HR-Referenten werden von uns besetzt.

Um HR-Modelle aufzusetzen, einzuführen und zuzuschneiden greifen die Unternehmen auf unsere Beratungsdienstleistungen zurück. Da HR Business Partner zunehmend von ihren administrativen Aufgaben entlastet werden müssen, gilt es, Volumenprozesse zu zentralisieren. Sei es in tatsächlichen physikalischen Centern oder in virtuellen Centern, die mit IT-Systemen remote gemanagt werden. Da der Weg vom Verwalter zum Gestalter oder vom Abwickler zum Berater nicht über Nacht passiert, werden vermehrt HR-Trainings nachgefragt und angeboten, auch bei uns wächst dieser Bereich derzeit stark. Ich würde hier nicht von grossen Neuerungen oder Veränderungen in der Zusammenarbeit sprechen, sondern eher von einer wegweisenden Weiterentwicklung.»

Was tut sich im Kandidatenkarrussell, und wie schätzen Sie Ihre Beobachtungen im Executive-Search-Markt ein?

Thomas Muhmenthaler, Executive Partner Humanis AG: «Nur wenige Firmen haben in der Krise darauf gesetzt, Personal oder strategisch wichtige Positionen zu halten oder gar auszubauen. Das kann sich nun rächen. Jetzt, da die meisten Firmen den Aufschwung spüren, suchen praktisch alle Marktteilnehmer exakt die gleichen Leute. Top-Kandidaten haben nun noch weniger Wechselmotive, da sie den Aufschwung ihrer Arbeitgeber mitgeprägt und mitgestaltet haben. Ein neues Jobangebot muss schon sehr gut passen und überdurchschnittlich attraktiver sein als die aktuelle Position.

Bei unseren Suchaufträgen stellen wir grundsätzlich zwei Tendenzen fest. Auf der einen Seite ist abgesehen von Executive Positionen zunehmend auch bei der Besetzung von Spezialistenpositionen ein Screening des Marktes, verbunden mit einer Direktansprache, nötig. Auf der anderen Seite erwarten unsere Kunden, dass wir für sie als «Speerspitze» im Kandidaten-Markt agieren. Es reicht heute nicht mehr, ein gutes Inserat zu formulieren, den Rücklauf auszusortieren und Interviews zu führen. Sondern es braucht eine umfassende, tiefe Kenntnis des entsprechenden Markts und Berufsbildes sowie eine langfristige Beziehung zu den entsprechenden Kandidaten. Somit ist es weniger eine Frage der Kapazität als vielmehr des Know-hows.

Die Rekrutierung ist eine Disziplin für Spezialisten geworden, die sich zu hundert Prozent mit diesem Thema beschäftigen. Darüber hinaus bietet der Schweizer Arbeitsmarkt für viele Bereiche zu wenig qualifizierte Kandidaten. So kommen wir auch in Zukunft nicht umhin, geeignete Leute im Ausland zu rekrutieren.

Im Wettbewerb um die Besten wird ausserdem Geschwindigkeit immer wichtiger. Die Firmen sind unter Druck, die offene Position so rasch wie möglich mit einer passenden Person zu besetzen. Die Mandatslaufzeiten werden sich in Zukunft weiter verkürzen. Die Anforderung ans HR von Seiten der Linie lautet: «Liefere mir innerhalb von sechs Wochen eine Auswahl exakt zum Anforderungsprofil passender Kandidaten!» Um unseren Kunden massgeschneiderte Lösungen für ihr Rekrutierungsproblem anbieten zu können, werden wir oft schon bei der Definition des Profils beigezogen. Voraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit als Partner für HR und Linie.»

Welche Rolle spielt die Technologie-Beratung im Segment der HR-Beratung, und wie haben sich die Abläufe in der Personalwirtschaft in den letzten Jahren verändert?

Bruno Seiler, Mitglied der Geschäftsleitung Soreco AG: «Die Technologie-Beratung spielt in der HR-Beratung eher eine untergeordnete Rolle. Die heutige Technologie (Plattformen und Kommunikationsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der Security) ermöglicht den Anbietern, die technischen Vorgaben abzudecken. Inwieweit die vorhandene oder künftige Software diese Möglichkeiten optimal nutzen kann, ist zu prüfen. Wesentlich scheint uns, dass die HR-Abteilung durch eine professionelle Lösung via Orchestrierung (Business Process Management) ihre Leistungen als Service anbieten kann. Dadurch werden im Unternehmen die Abläufe vereinfacht, die Transparenz und Qualität der Information verbessert und die Integration in die Systemlandschaft vorangetrieben.

Während in der HR-Vergangenheit oftmals Insellösungen betrieben wurden, die Prozesse noch auf Checklisten basierten oder in Excel-Tabellen abgebildet wurden und Medienbrüche die tägliche Arbeit erschwerten, sorgen heute massgeschneiderte Technologielösungen für Prozesseffizienz. Die neuen IT-Lösungen beliefern Management, Mitarbeitende oder externe Partner zeitgerecht mit allen notwendigen Informationen und weisen gezielt entsprechende Aufgaben zu.

Die Nachfrage nach HR-Systemen ist aufgrund der Anforderungen klar steigend: Die Verantwortlichen wollen ihre Aufgabenstellung schnell, möglichst fehlerfrei, ohne Medienbruch und kostengünstig gelöst haben.  Prozessbeispiele, in denen alle beteiligten Personen, Abteilungen und Softwarelösungen einbezogen werden, sind: Spesen, Ein-/Austritt, Absenzen, Talent Management (Rekrutierung, Skills-Verwaltung, MbO, Enterprise Performance Management, Ausbildung, Kursverwaltung, Karriereplanung), Zeugnisantrag und -erstellung, Salärrevision, Mandatsverwaltung und elektronisches Personaldossier. Wichtig ist, Aufgaben und Pendenzen möglichst einfach, transparent und effizient nachverfolgen zu können.

Die Unterstützung, die Prozessorientierung und die Integration aller Anspruchsgruppen werden auch im HR immer wichtiger. Nur so kann HR ein Service Center sein, das auch einen Mehrwert liefert und so einen spürbaren Beitrag zum Unternehmenserfolg leistet. Eine weitere Zielsetzung für die Implementierung von neuen Technologien ist darüber hinaus die Reduktion von administrativem Aufwand.»

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