Heilsarmee: Eine neue Feedback-Kultur
Die neu aufgesetzte Mitarbeiterbefragung bei der christlichen Organisation stand ganz im Zeichen von Dialog und Reflexion. Als Kernstück erhielt jeder Befragungsteilnehmer eine personalisierte Auswertung, welche die Differenz zwischen Bewertung und Erwartung aufzeigte.
Dank Mitarbeiterbefragung soll das Personal der Heilsarmee in Zukunft noch mehr Grund zum Lachen haben. (Foto: © Heilsarmee Ungarn, Gabrielle Keller; Porträt: Mathias Hofstetter)
Eine Mitarbeiterbefragung hat bei der Heilsarmee eine Dimension mehr als in einem durchschnittlichen Unternehmen. Ist doch in der karitativen Organisation neben dem normalen Anstellungsverhältnis – und der Freiwilligenarbeit – auch ein weiteres Arbeitsverhältnis möglich: Die sogenannten Offiziere stellen ihr Leben Gott und der Heilsarmee zur Verfügung, sie absolvieren eine zweijährige theologische Ausbildung, arbeiten für einen Bedarfslohn und die Organisation kann sie, mit entsprechender Einwilligung, beliebig versetzen. Für sie ist die Arbeit nicht Beruf, sondern Berufung.
Auch Daniela Zurbrügg ist Offizierin. Zehn Jahre im HR der Heilsarmee tätig, übernahm sie im Juli dessen Leitung. Die Resultate der Mitarbeiterbefragung vom Frühling 2013 zeigen nun die Unterschiede zwischen den 170 aktiven Offizieren und den restlichen 1600 Angestellten. Für Offiziere ist zum Beispiel das umfassende Weiterbildungsangebot motivierend, während Nicht-Offiziere ihre geringeren Weiterentwicklungsmöglichkeiten als demotivierend einstufen. Bei den Offizieren wiederum existiert das Gefühl, nicht alle würden gleich behandelt, die «Bevorzugten» unter ihnen würden Vorteile aus der Linie geniessen.
Perfektes Timing für neue HR-Leiterin
Das Timing der Mitarbeiterbefragung könnte kaum besser sein: 2014 startet die neue Fünf-Jahres-Strategieperiode der Heilsarmee, die neue Personalleiterin ist an der Planung der nächsten HR-Schritte: «Ich will die Qualität im HR verbessern und unsere Organisation als attraktive Arbeitgeberin positionieren.» Employer Branding steht also weit oben auf Daniela Zurbrüggs To-do-Liste, und die Befragung hat sie in diesem Punkt bestärkt. Neben dem Employer Branding wurden für die Zukunft weitere drei zentrale Arbeitsfelder ermittelt: Die Personalentwicklung soll grösseres Gewicht erhalten, die Feedbackkultur intensiviert sowie die Digitalisierung vorangetrieben werden.
Doppelte Standortbestimmung
«Zu den grössten Veränderungswünschen der Angestellten zählen die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit, die Infrastruktur, der Informationsfluss und der Lohn», sagt die HR-Leiterin. Diese Standortbestimmung wurde doppelt vorgenommen: Die Mitarbeiter erhielten sämtliche Fragen zweimal gestellt, einmal zur Bewertung von Arbeit und Arbeitgeber, einmal, um auch ihre entsprechenden Erwartungen in einem Skalenwert auszudrücken. Wieweit Bewertung und Erwartung auseinanderdriften, erhielt jeder Mitarbeiter, der an der Befragung teilnahm, gespiegelt mittels einer personalisierten grafischen Auswertung.
«Diese Mitarbeiterbefragung war stark auf Dialog und Reflexion ausgerichtet», erklärt der Betriebswirtschaftler Joël Luc Cachelin von der Firma Wissensfabrik, den die Heilsarmee als externen Partner ins Boot geholt hatte. Er glaubt, dass sich die Mitarbeiterbefragung der Zukunft vermehrt durch dieses Konzept auszeichnen wird. Und dass die Reflexion der Mitarbeiter auch zunehmend für die Organisationsentwicklung genutzt wird: «Unternehmen befragen das Personal nach konkreten strategischen Herausforderungen.» Nicht zuletzt könnte die Frage nach neuen, wünschenswerten Produkten gestellt und die entsprechenden Antworten online weitergetrieben werden. Produktvorschläge liessen sich zum Beispiel auf einer internen Plattform von anderen Mitarbeitern bewerten und weiterentwickeln, wodurch Innovationsprozesse ausgelöst werden könnten. Und schliesslich wird in Zukunft alles online abgewickelt. Joël Luc Cachelin: «Die Mitarbeiterbefragung findet nicht mehr einmal pro Jahr statt, sondern es wird jeden Monat per Smartphone ein anderes Segment abgefragt.»
Ein Tag im Zeichen des Feedbacks
Ganz so weit ist man bei der Heilsarmee noch nicht. Daniela Zurbrügg ist derzeit daran, mit der Direktion zu definieren, welche Ergebnisse in die Jahresziele 2014 einfliessen sollen. Zudem erstellt sie Konzepte in den Bereichen Führung, Personalentwicklung und Personalmarketing.
Doch die Ergebnisse fliessen auch schon ganz konkret in die Organisation ein. Joël Luc Cachelin schult Schlüsselpersonen, damit diese mit den Ergebnissen arbeiten können, auf Team-, Abteilungs- und Institutsebene (vom Brockenhaus bis zum Pflegeheim). Und: «Wir können alle üben, mehr Feedback zu geben», sagt Daniela Zurbrügg. «Das wird auch das Thema an unserem Mitarbeitertag im November sein.»