Mitarbeiterbefragung

Rhätische Bahn: Tipps von den Kollegen

2011 wurde die Mitarbeiterbefragung bei der Rhätischen Bahn neu als Führungsinstrument positioniert. 
In Workshops konnten sich Vorgesetzte untereinander über ihre Erfolgsrezepte rund ums Führen austauschen – 
und es wurden 200 Massnahmen umgesetzt.

Die Mitarbeiterbefragung 2011 der Rhätischen Bahn (RhB) führte zu einer ungewöhnlichen Aktion: Es wurden 220 Massnahmen vorgeschlagen und 90 Prozent davon umgesetzt – während des ganzen Prozesses wurde der aktuelle Stand der Massnahmenumsetzung für alle Mitarbeiter sichtbar auf dem Intranet veröffentlicht.

Mit Transparenz zu mehr Akzeptanz

Dass rund um eine Mitarbeiterbefragung intensiv kommuniziert werden muss, war 2011 bei der RhB umso notwendiger, als bei früheren Befragungen kaum Massnahmen abgeleitet wurden und die Angestellten einer erneuten Befragung teilweise kritisch gegenüberstanden. «Unser Direktor und ich sind 2011 neu ins Unternehmen eingetreten», sagt Personalleiterin Stephanie 
Rielle La Bella, «und ich habe über längere Zeit kommuniziert, dass wir das Thema ernst nehmen werden.» Dies und auch die Transparenz über die Massnahmenumsetzung dürften geholfen haben, dass die Mitarbeiterbefragung von den Angestellten wieder als Instrument wahrgenommen wurde, um Veränderungen und Verbesserungen im unmittelbaren Arbeitsumfeld effizient und schnell herbeizuführen.

200 Massnahmen, das tönt nach viel. «Wir haben viele kleine Veränderungen umgesetzt», sagt Stephanie Rielle La Bella. Dazu gehören beispielsweise ein Kühlschrank im Pausenraum, die Möglichkeit, das Handy aufzuladen, oder grössere Spinde in den Umkleidekabinen des Zugpersonals. «Das sind zwar kleine Dinge, aber wenn sie nicht funktionieren, nervt das die Leute furchtbar, und das jeden Tag», erklärt die Personalleiterin. Doch es gab auch grössere Veränderungen. Die RhB hat etwa die Unternehmenswerte überarbeitet, operationalisiert und Verhaltens- und Führungskriterien abgeleitet, hat das jährliche Mitarbeitergespräch neu konzipiert und die Führungskräfte entsprechend geschult sowie die Führungskräfteschulung überarbeitet.

Das HR der RhB hat die Mitarbeiterbefragung als Führungsinstrument positioniert. Alle Führungskräfte erhielten eine persönliche Auswertung – was von manchen mit einer gewissen (An-)Spannung erwartet wurde. Die anschliessenden Workshops, während deren die Führungskräfte sich mit anderen auf gleicher Hierarchieebene über ihre persönlichen Ergebnisse austauschen konnten, liefen laut Stephanie 
Rielle La Bella erstaunlich gut: Jene mit weniger guten Ergebnissen seien ehrlich interessiert gewesen an den Erfolgsrezepten jener, die besser abgeschnitten hätten. Die Frage «Wieso hast du so gute Resultate?» habe sie mehrfach gehört.

Für die Arbeit mit den Ergebnissen sowie mit den Prozessen rund um die Erarbeitung von Massnahmen im Team stand das HR den Führungskräften unterstützend zur Verfügung. Die Verantwortung der Ergebnisse und Inhalte lag aber ganz klar bei der Linie.

Grosse heterogene Firmen im Nachteil

Die RhB hat ihre Befragung im Rahmen des Swiss Arbeitgeber Awards mit dem externen Partner «icommit GmbH» durchgeführt. Der Rang war der Personalleiterin dabei weniger wichtig als der Benchmark. Denn grössere Bahnunternehmen hätten bezüglich Führungsbewertung zwei Handicaps, wie Sven Bühler, Geschäftsführer der «icommit», erklärt: «In grossen Betrieben mit heterogenen Berufsbildern und unterschiedlichen Werten erhält die Führung grundsätzlich schlechtere Noten als in kleinen, homogenen Organisationen. In einem dezentralen Unternehmen wie der RhB leiden die Ergebnisse zusätzlich unter der Distanz zwischen Angestellten und ihren Vorgesetzten.»

Der Benchmark relativiert

Der Vergleich mit anderen Firmen hat für Stephanie Rielle La Bella denn auch vieles relativiert: «Bei der Lohnzufriedenheit haben wir zuerst gedacht, wir lägen tief, aber im allgemeinen Benchmark standen wir dann plötzlich recht gut da.» Im Bahnbranchen-Benchmark wies die RhB 2011 durchschnittliche Werte auf.

2013 gab es wieder eine Befragung. Das Gesamtergebnis fiel in etwa gleich aus wie zwei Jahre zuvor. Haben all die Massnahmen nichts genützt? «In der Bahnbranche gab es in den letzten Jahren grosse Veränderungen und Herausforderungen. Darum sind bei allen Bahngesellschaften die Befragungswerte gesunken», erklärt Sven Bühler. Hätte die RhB in den letzten Jahren nichts unternommen, würden die Werte der Befragung 2013 tiefer liegen. So aber weist Stephanie Rielle La Bella durchaus Erfolge aus: «Dort, wo wir Massnahmen umgesetzt und Energie reingesteckt haben, haben wir diesmal bessere Werte erzielt.»

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Franziska Meier ist Redaktorin und Produzentin mit langjähriger Erfahrung im Zeitungs- und Zeitschriftenbereich. Als Chefredaktorin des Magazins «fit im job» sowie als Fachredaktorin der Zeitschrift «HR Today» hat sie sich auf das Thema «Mensch, Arbeit & Gesundheit» spezialisiert. Zu ihren journalistischen Schwerpunkten gehören insbesondere Persönlichkeitsentwicklung, Coaching, Stressprävention und betriebliches Gesundheitsmanagement. Achtsamkeit praktiziert sie manchmal im Schneidersitz, öfter jedoch auf ihren Spaziergängen rund um den Türlersee.

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