HR Today Nr. 10/2016: Debatte

Hunde am Arbeitsplatz?

«Hundefreie Zonen» fordert die freischaffende Werbetexterin Lovey Wymann, während Julie M. Stillhart, Länderchefin der Tierschutzorganisation Vier Pfoten Schweiz, vom «beruhigenden Effekt von Hunden» schwärmt und auf ihre Büro-Hundebilanz verweist.

Julie M. Stillhart

Mitarbeiterzufriedenheit ist der Schlüssel zum Unternehmenserfolg. Doch wie kann diese erreicht werden?  Führungstheorien, die den Weg zu einer möglichst hohen Arbeitszufriedenheit beschreiben, gibt es zuhauf. Eine Möglichkeit, die oft ausser Acht gelassen wird, sind Hunde am Arbeitsplatz. Doch inwiefern steigern die Vierbeiner den Unternehmenserfolg?

Eine Studie der Banfield-Tierklinik in Portland/USA zeigt auf, dass der beste Freund des Menschen unter den richtigen Voraussetzungen für ein angenehmes Arbeitsklima sorgt. Arbeitsplätze mit Hunden werden darin äusserst positiv bewertet: Durch die Präsenz von Hunden steigt etwa die Arbeitsmoral der Arbeitnehmenden und ihr Stresslevel sinkt, denn der Umgang mit Hunden aktiviert bei Menschen den Ausstoss des Hormons Oxytocin, das auch als Liebeshormon bekannt ist. Dieses hat gemäss einer schwedischen Universität für Agrarwissenschaften einen positiven Einfluss auf das Arbeitsklima: So steigert es die Sozialkompetenz und vermindert Depressionen. Hinzu kommt, dass ein hundefreundlicher Arbeitgeber bessere Chancen hat, qualifiziertes Personal zu finden, da die Hundefreundlichkeit des Arbeitgebers für immer mehr Menschen bei der Stellensuche zum ausschlaggebenden Kriterium wird.

Die positiven Effekte, die Studien der Präsenz von Hunden zuschreiben, können wir aus erster Hand bestätigen: Im Schnitt begleiten uns täglich 20 Pfoten im Alltag. Wir begrüssen die Entwicklung, dass neben KMU auch immer mehr Gross­unternehmen Hunden im Büro eine Chance geben. Damit der Hund am Arbeitsplatz zu einem positiven Arbeitsklima beiträgt, sind aber einige Dinge zu berücksichtigen. So braucht der Hund etwa einen Platz an einer ruhigen Stelle und sollte keiner Stresssituation wie etwa einer extrem lauten und hektischen Umgebung oder hohen Temperaturen ausgesetzt sein. Frisches Wasser darf genauso wenig fehlen wie regelmässige Fütterungen und Möglichkeiten, sich zu erleichtern.

Vor «Dienstantritt» muss der Hund einen ausgiebigen Spaziergang hinter sich haben. Auch die Mittagspause sollte zum Wohle des Vierbeiners verwendet werden. Wie sich mehrere Bürohunde untereinander verstehen, ist nicht vorhersehbar. Sie sollten deshalb langsam aneinander gewöhnt werden. Hunde, die mit an den Arbeitsplatz dürfen, sollten gehorchen, nicht wegen jedem Geräusch bellen, stubenrein sein und nicht zu aggressivem Verhalten gegenüber Menschen oder anderen Hunden neigen. Zudem sollten klare Richtlinien seitens des Unternehmens vorliegen und der Arbeitgeber sowie die Arbeitskollegen sollten damit einverstanden sein, denn sollte die Stimmung eines Tages kippen, kann dies zur grossen Belastung für Hund und Halter werden. Für mich ist ein Hund am Arbeitsplatz jedenfalls ein dreifacher Gewinn: bereichernd für das Unternehmen, die Mitarbeitenden und nicht zuletzt für den Hund, der sich über viele ausserordentliche Streicheleinheiten freuen darf.

 

Lovey Wymann

Eins vorweg: Als selbständige Werbetexterin arbeite ich im Schnitt etwa zwei Tage pro Woche bei Kunden vor Ort. Ansonsten lebe und arbeite ich mit zwei Katzen zusammen – wobei die Samtpfoten dafür sorgen, dass ich regelmässig Pausen mache. Zur Not setzen sich diese auch mal mitten auf die Tastatur, um diesen Punkt klarzumachen. Will heissen: Ich habe nichts gegen Haustiere, aber seit meiner Kindheit löst der angeblich beste Freund des Menschen in mir nur eines aus: nackte Panik. Als Kind kippte ich regelmässig um, weil ich bei Begegnungen mit Hunden nur noch ein- aber nicht mehr ausatmete. Um mir das abzugewöhnen, haben meine Eltern sogar einen Hund angeschafft: Dixi, einen Silberpudel. Hat auch wunderbar gewirkt – also, bei Dixi. Bei allen anderen Hunden lief ich nach wie vor blau an. Mit den Jahren habe ich immerhin gelernt, die Sauerstoffzufuhr nicht völlig zu drosseln, sondern bockstill stehen zu bleiben, sobald ich einen Hund erblicke; die Hände unten zu halten, ohne zu fuchteln, und mich zu zwingen, dem Tier ja nicht in die Augen zu sehen. Dann bitte ich Herrchen oder Frauchen, den Hund zu sich zu rufen und anzuleinen. Das alles ist für mich sehr anstrengend, aber irgendwie unvermeidbar, wenn ich mich auf öffentlichem Grund bewege. Und meistens, das ist erfreulich, reagieren die Hundebesitzer sofort und verantwortungsvoll. Doch einige machen sich auch lustig über mich und meine Panik oder wiegeln ab: «De Blacky isch en Liebe!»  Mag sein – ich will dennoch nicht, dass er meine Füsse ableckt oder an mir hochspringt. Und kommt mir jetzt nicht mit «Er will doch nur spielen!». Das ist mir nämlich von Herzen egal.

Und denselben Stress sollte ich mir jetzt jeden Tag bei der Arbeit antun? No way. Es gibt einen Grund, wieso man Hunde Haustiere nennt und nicht Bürotiere: weil sie im Office nichts verloren haben. Ausser, dieses Büro sei ein Einzelbüro, ohne direkten Zugang für Kunden oder Mitarbeitende, weit weg von den Durchgangswegen zu Kantine, Ausgang oder Parkplatz. Ob tiergerechte Haltung im Büro möglich ist und wie diese allenfalls aussehen sollte, ist mir deswegen auch ziemlich egal: Ich will ein Büro betreten können, ohne Angst zu haben, über Bello zu stolpern oder von Lassie angeknurrt zu werden. Weil ich mich in deren Gegenwart nicht auf meine Arbeit konzentrieren kann. Eure Hunde sind alle gut erzogen und tun niemandem was? Gratuliere! Ändert aber nichts an meiner Angst – oder an meiner Allergie. Denn das kommt noch dazu: Ich bin allergisch auf Hundehaare! Ob das eine Folge meiner Angst ist oder ob die Allergie ein cleverer Schutzmechanismus meines Unterbewussten ist, um mich vor unliebsamen Begegnungen mit Hunden jeder Grösse und jeden Alters zu schützen, weiss ich nicht. Wenn ihr in eurem Büro kein vor Panik schreiendes Wesen mit triefender Nase und roten Augen antreffen wollt,  gebt ihr mir entweder ein Einzelbüro im sechsten Stock, mit Kaffeemaschine und Reinigungsschleuse, oder ihr lasst eure Hunde zu Hause.

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Julie M. Stillhart ist Länderchefin der Stiftung Vier Pfoten Schweiz, die sich für artgemässe Lebensbedingungen für Nutz-, Heim- und Wildtiere einsetzt. Vier Pfoten wurde 1988 in Wien gegründet.

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Lovey Wymann ist freischaffende Werbetexterin, Bloggerin und Journalistin. Sie lebt und arbeitet in Bad Zurzach und warnt Besucherinnen und Besucher im Voraus vor ihren Katzen.

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