Lovey Wymann
Eins vorweg: Als selbständige Werbetexterin arbeite ich im Schnitt etwa zwei Tage pro Woche bei Kunden vor Ort. Ansonsten lebe und arbeite ich mit zwei Katzen zusammen – wobei die Samtpfoten dafür sorgen, dass ich regelmässig Pausen mache. Zur Not setzen sich diese auch mal mitten auf die Tastatur, um diesen Punkt klarzumachen. Will heissen: Ich habe nichts gegen Haustiere, aber seit meiner Kindheit löst der angeblich beste Freund des Menschen in mir nur eines aus: nackte Panik. Als Kind kippte ich regelmässig um, weil ich bei Begegnungen mit Hunden nur noch ein- aber nicht mehr ausatmete. Um mir das abzugewöhnen, haben meine Eltern sogar einen Hund angeschafft: Dixi, einen Silberpudel. Hat auch wunderbar gewirkt – also, bei Dixi. Bei allen anderen Hunden lief ich nach wie vor blau an. Mit den Jahren habe ich immerhin gelernt, die Sauerstoffzufuhr nicht völlig zu drosseln, sondern bockstill stehen zu bleiben, sobald ich einen Hund erblicke; die Hände unten zu halten, ohne zu fuchteln, und mich zu zwingen, dem Tier ja nicht in die Augen zu sehen. Dann bitte ich Herrchen oder Frauchen, den Hund zu sich zu rufen und anzuleinen. Das alles ist für mich sehr anstrengend, aber irgendwie unvermeidbar, wenn ich mich auf öffentlichem Grund bewege. Und meistens, das ist erfreulich, reagieren die Hundebesitzer sofort und verantwortungsvoll. Doch einige machen sich auch lustig über mich und meine Panik oder wiegeln ab: «De Blacky isch en Liebe!» Mag sein – ich will dennoch nicht, dass er meine Füsse ableckt oder an mir hochspringt. Und kommt mir jetzt nicht mit «Er will doch nur spielen!». Das ist mir nämlich von Herzen egal.
Und denselben Stress sollte ich mir jetzt jeden Tag bei der Arbeit antun? No way. Es gibt einen Grund, wieso man Hunde Haustiere nennt und nicht Bürotiere: weil sie im Office nichts verloren haben. Ausser, dieses Büro sei ein Einzelbüro, ohne direkten Zugang für Kunden oder Mitarbeitende, weit weg von den Durchgangswegen zu Kantine, Ausgang oder Parkplatz. Ob tiergerechte Haltung im Büro möglich ist und wie diese allenfalls aussehen sollte, ist mir deswegen auch ziemlich egal: Ich will ein Büro betreten können, ohne Angst zu haben, über Bello zu stolpern oder von Lassie angeknurrt zu werden. Weil ich mich in deren Gegenwart nicht auf meine Arbeit konzentrieren kann. Eure Hunde sind alle gut erzogen und tun niemandem was? Gratuliere! Ändert aber nichts an meiner Angst – oder an meiner Allergie. Denn das kommt noch dazu: Ich bin allergisch auf Hundehaare! Ob das eine Folge meiner Angst ist oder ob die Allergie ein cleverer Schutzmechanismus meines Unterbewussten ist, um mich vor unliebsamen Begegnungen mit Hunden jeder Grösse und jeden Alters zu schützen, weiss ich nicht. Wenn ihr in eurem Büro kein vor Panik schreiendes Wesen mit triefender Nase und roten Augen antreffen wollt, gebt ihr mir entweder ein Einzelbüro im sechsten Stock, mit Kaffeemaschine und Reinigungsschleuse, oder ihr lasst eure Hunde zu Hause.