Mitarbeitende in Krisen: Vom Mut, Probleme anzusprechen
Stress am Arbeitsplatz gehört für viele Mitarbeitende schon fast zur Normalität. Was aber, wenn man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht? Wenn man nicht mehr aus dem Stress herauskommt und sich eine psychische Erkrankung entwickelt? Vorgesetzte können etwas tun: Prävention und Gesundheitsförderung Kanton Zürich bietet für HR-Fachleute und Führungskräfte Kurse zum Thema «Mitarbeitende in Krisen» an.
Ist der Mitarbeitende in der Krise, gilt für Führungskräfte: hinschauen. (Bild: 123RF)
Die Leistung nimmt ab, die Fehlzeit nimmt zu. Daran erkennen Führungskräfte und HR-Verantwortliche, dass mit dem Mitarbeitenden etwas nicht stimmt. Rund ein Fünftel der Arbeitstätigen in der Schweiz ist psychisch stark belastet.
Die Herausforderungen beginnen meist dann, wenn es darum geht, den betroffenen Mitarbeitenden auf seine Probleme anzusprechen. «Es sollte kein Tabuthema sein, über psychische Probleme zu reden», sagt Romana Feldmann, Projektleiterin im Suizidpräventionsprogramm des Kantons Zürich. «Das ist ganz klar ein Führungsthema.» Mit einer offenen Kommunikation können Vorgesetzte zeigen, dass sie die Situation im Griff haben, und gleichzeitig Gerüchten oder anderen negativen Dynamiken innerhalb des Teams vorbeugen.
Kurse für Betriebe
Prävention und Gesundheitsförderung Kanton Zürich lancierte im Rahmen des Suizidpräventionsprogramms Kurse unter dem Titel «Mitarbeitende in Krisen». Diskutiert wurden Fragen wie: Erkenne ich ein Problem rechtzeitig? Wie bringe ich es zur Sprache? Was ist meine Aufgabe, was nicht? Aber auch: An wen kann ich mich wenden, wenn ich nicht mehr weiter weiss oder was kann ich tun bei (Suizid-) Drohungen?
Auch über das Thema Privatsphäre wurde gesprochen. «Es fällt uns leichter über einen Bandscheibenvorfall zu reden, als über psychische Probleme», erklärt Romana Feldmann. Zusätzlich drängt sich die Frage auf, wieviel die Führungsperson dem Team sagen darf. «Das zeigt erneut die Wichtigkeit des Themas», betont die Projektleiterin. «Einen längeren Ausfall muss meistens das Team auffangen. Auch deshalb ist Transparenz wichtig. Psychische Erkrankungen und Suizidalität dürfen keine Tabuthemen sein – es ist wichtig, dass man darüber spricht.»
«Aufgeben» erlaubt
Auch wenn die betroffene Person laufend betont, dass mit ihr alles in Ordnung ist: Das Wichtigste sei laut Romana Feldmann, dass man «so lange wie möglich am Ball bleibt». Immer wieder Hand bietet und nachhakt. «Doch manchmal nützen alle Bemühungen nichts. Dann ist es wichtig, dem Mitarbeitenden externe Anlaufstellen anzubieten, an welche er sich wenden kann, sollte er schon zu tief in der Krise drinstecken.»
Den Mut aufbringen, Verantwortung abzugeben – für Cornelia Engelberger eine wichtige Erkenntnis aus dem Kurs «Mitarbeitende in Krisen». Sie ist HR-Leiterin der Freier Group Switzerland AG, zu der das Label s.Oliver gehört. «Als Personalchefin wird man immer wieder mit Problemen der Mitarbeitenden konfrontiert und ist nicht immer sicher, wie man reagieren soll.» Für sie war es wichtig von einer Fachperson zu hören, wie HR-Verantwortliche mit gewissen Situationen umgehen sollen. «Der Kurs hat mich sensibilisiert», sagt Cornelia Engelberger.
Nicht alleine
Am Kurstag von Cornelia Engelberger war die Teilnehmerzahl überschaubar. Dadurch entstanden sehr persönliche Gespräche. «Alle am Tisch haben ähnliche Erfahrungen gemacht», erzählt sie. «Wir Kursteilnehmenden merkten: Viele HR-Leute kämpfen mit denselben Problemen.» Und noch eine wichtige Erkenntnis nimmt sie aus dem Kurs mit: Die Krise eines Mitarbeitenden hat häufig nicht nur mit der Arbeit zu tun.
Die Offenheit der Teilnehmenden hat auch Projektleiterin Romana Feldmann berührt. Sie war begeistert, wie viel Wissen bereits vorhanden war und rät: «Führungskräfte und Personalverantwortliche, hört auf euer Bauchgefühl, auf den gesunden Menschenverstand, nehmt euch Zeit und habt den Mut, Probleme anzusprechen.»
Zusatzinformationen
Am 12. Dezember 2018 hat der Regierungsrat des Kantons Zürich die Weiterführung des Suizidpräventionsprogramms über vier Jahre beschlossen (2019-2022). Auch die berufsübergreifenden Kurse für Führungskräfte und HR-Fachleute werden weiterhin angeboten. Die nächsten Daten:
- «Mitarbeitende in Krisen»: Di 09.04.19, 13.30-16.30h oder Do 13.06.19, 09.00-12.00h
- «Refresher & Fallbesprechung»: Di, 18.06.19, 12-14h
Die Kurse sind kostenlos. Weitere Infos, mehr Kursdaten und Anmeldemöglichkeiten finden Sie auf www.suizidpraevention-zh.ch.