Recruiting im Wandel der Zeit
Bedingt durch neue technische Möglichkeiten haben sich die Instrumente und die Art der Personalbeschaffungskanäle über die letzten Jahre rasant verändert. Doch nicht nur die Kanäle sind vielfältiger geworden, auch das Berufsbild des Recruiters professionalisiert sich immer mehr.
(Illustration: iStockphoto)
Employer Branding, SEO, SEM, Mobile und Social Media Recruiting sind nur einige Schlagworte, die die breite Klaviatur des modernen Personalmarketings und Recruitings umreissen. Der Wandel ist unaufhaltsam und macht das Thema Recruiting so interessant. Auffallend ist, dass Jahr für Jahr neue Medien hinzukommen, manche schnell wieder verschwinden und wieder andere seit Jahrzehnten festen Bestand haben. Das Rieplsche Gesetz, welches besagt, dass kein gesellschaftlich etabliertes Medium von anderen Instrumenten, die im Laufe der Zeit hinzutreten, vollkommen ersetzt oder verdrängt wird, scheint gerade im Recruiting zu greifen.
Von Print ...
Rekrutiert wird seit hunderten von Jahren; vorerst war dies primär das Tätigkeitsfeld des Militärs, aber bereits mit dem Beginn der Industrialisierung startete die Branche durch. Das Medium der Wahl war das Printmedium. Und auch heute haben Zeitungen noch immer ihren Platz im Recruiting-Mix, auch wenn sie sich vom Online-Medium haben überholen lassen. Gerade in der Schweiz hat Print Tradition. Die Rorschacher Monatsschrift war das erste deutschsprachige Medium, das regelmässig herausgegeben wurde, lange bevor in Deutschland oder Österreich eine Zeitung existierte. Eingestellt wurde die erste Zeitung des deutschsprachigen Raumes aus Geldmangel – ein Schicksal das noch heute manches Blatt ereilt.
Das Print-Stelleninserat setzte seinen Siegeszug in der Schweiz bis ins Jahr 2001 fort. Ganze 120 Seiten Umfang hatte das Alpha aus dem Hause Tamedia am 13.01.2001. Dieser Rekord wurde nie wieder erreicht. Die Masse der Stelleninserate ist nach und nach ins Internet abgewandert. Verbesserte Suchmöglichkeiten und ein umfassendes überregionales, ja sogar globales Angebot waren entscheidend für diesen Siegeszug. Von vielen Kritikern seit Jahren totgesagt, lebt das Stelleninserat in den Rubriken der Zeitungen trotz Internet und Social Media fort. Zwar in bescheidenem Rahmen, aber gerade im Bereich Employer-Branding bieten sich hier auch zukünftig noch Potenziale.
... über Online ...
Die Printstellenmärkte sind also nicht mehr die Hauptumsatzbringer der Verlage. Seit über einem Jahrzehnt existieren mittlerweile OnlineJobbösen und der Siegeszug war rasant. Laut der aktuellen Studie «Recruiting Trends» resultierten 70 Prozent aller Einstellungen aus dem Schalten von Stelleninseraten auf Online-Kanälen. Bis heute ist dieses Medium das wichtigste Rekrutierungsmittel. Auch in diesem Segment hat sich der Markt in der Schweiz rasant verändert. Anfangs waren Online-Jobbörsen eigenständig und sie haben den Markt neu definiert. Mittlerweile sind die grossen Player in der Schweiz alle fest in Verlagshand.
Das Angebot der offenen Stellen ist immens. Allein der Branchenprimus jobs.ch weist heute über 30 000 Vakanzen aus. Das ist umso eindrücklicher, als viele Experten im Zuge des Fachkräftemangels den Begriff «post and pray» geprägt haben. Obwohl es in bestimmten Berufsgruppen schwierig ist, geeignete Mitarbeiter zu finden, boomen die Jobbörsen nach wie vor. Das unterstreicht auch die Anfang des Jahres veröffentlichte Studie von jobs.ch, wonach 96 Prozent der HR-Fachleute auf Online-Jobbörsen setzen. Neben den grossen Playern haben sich auch zahlreiche Nischenportale einen festen Platz im Recruitingmarkt Schweiz gesichert. Med-jobs.ch, expertenjobs.ch oder weblaw.ch haben sich zu Anlaufstellen für Fachspezialisten der jeweiligen Bereiche etabliert.
Ein wichtiges, nicht zu unterschätzendes Instrument sind auch Online-Suchmaschinen im Allgemeinen. Die Zahlen von Google belegen, dass viele Kandidaten Google auch als erste Anlaufstelle zur Informationsbeschaffung über das Unternehmen, beziehungsweise für offene Vakanzen nutzen. Daher ist es nicht nur für Jobbörsen wichtig, optimal präsent zu sein. Insbesondere für das unternehmenseigene Personalmarketing und Recruiting sind SEO und SEM wichtige Faktoren im Kampf um die besten Mitarbeiter. Das gilt namentlich auch für das Employer-Branding.
... und Mobile ...
Nachdem sich in den ersten Jahren der Online-Jobbörsen die Innovationen auf die Suchtechnologien und Schnittstellen beschränkten, hat sich in der letzten Zeit bedingt durch die starke Verbreitung von Smartphones und Tablets viel getan. Laut Google nutzen zwei Drittel aller Jobsuchenden mobile Geräte. Das Smartphone verändert das Nutzerverhalten fundamental. 67 Prozent aller Facebook-Zugriffe werden über mobile Endgeräte getätigt. LinkedIn verzeichnet 38 Prozent aller Besuche über Smartphones. Indeed, eine Meta-Jobsuchmaschine, die seit kurzem auch in der Schweiz aktiv ist, weist bei einer Milliarde der monatlichen drei Milliarden Visits eine mobile Quelle aus. Ein Indikator, dass nicht nur hinsichtlich Jobbörsen Handlungsbedarf besteht, sondern auch bei der eigenen Unternehmenswebsite. Wer hier nicht investiert, verliert auf Dauer einen wichtigen Teil des Kuchens.
... zu Social Media
In Zeiten von Social Media ist Transparenz unausweichlich. Das Unternehmen wird quasi zum Bewerber, mit dem sich der Kandidat identifizieren muss und das nicht nur auf der eigenen Karrierewebsite, sondern über alle Kanäle hinweg. Kommunikation und Selbstdarstellung sind von zentraler Bedeutung. Social-Media-Kanäle beziehungsweise Business-Netzwerke sind nicht nur aus marketingtechnischen Gesichtspunkten interessant. Neben Stelleninseraten bieten Plattformen wie Xing und LinkedIn auch Möglichkeiten, direkt nach geeigneten Kandidaten zu suchen. Im Mittelpunkt des Active Sourcing stehen die aktive Identifikation, die persönliche Ansprache sowie der Aufbau einer dauerhaften Beziehung zu potenziellen Bewerbern.
Um sich den Herausforderungen zu stellen, gilt es daher die Rolle der Recruiter zu erweitern, Prozesse anzupassen, nachhaltige Kontakte mit Talenten zu entwickeln und nicht zuletzt die Messung von Erfolgskriterien auf den Prüfstand zu stellen. Im Gegensatz zu den meisten Stelleninseraten verfügt der Kandidat über einen direkten Ansprechpartner im Unternehmen und hat eine gewisse Erwartungshaltung. Durch die Vernetzung nimmt der Kandidat zudem eine Multiplikatorrolle wahr und kann positive wie negative Erfahrungen schnell weitergeben. Active Sourcing bedeutet jedoch keinesfalls die Abkehr von klassischen Rekrutierungsmassnahmen. Business Networks bieten eine weitere Option einen Markt anzusprechen, der über andere Strategien schwierig erreichbar ist. Die Herausforderung der Zukunft ist die saubere Integration der Rekrutierungsmassnahmen in den Gesamtprozess. Mit dem vorliegenden Recruiting Guide stehen Ihnen die wichtigsten Informationen zu allen aktuell bedeutenden Marktteilnehmern zur Verfügung. Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre und einen erfolgreichen Rekrutierungsmix!
Recruiting Guide 2014
Dieser Artikel erschien im Recruiting Guide 2014. Das Nachschlagewerk für Recruiter und Personalverantwortliche soll in dreifacher Hinsicht als Arbeitsinstrument für Ihr professionelles Recruiting dienen: Zum Auftakt geben im redaktionellen Teil Praxisexperten einen Einblick in den aktuellen Diskurs acht verschiedener Recruiting-Disziplinen. Diese reichen von Print- und Onlineplattformen über neuste Online-Strategien bis hin zur Temporärarbeit, Interim-Management, Personalmarketing und Recruiting-Software. Im zweiten Teil bieten 40 Firmenporträts einen Überblick über die Dienstleister aus den oben beschriebenen Recruiting-Bereichen. Im dritten Teil finden Sie 100 wichtige Dienstleister-Adressen.
Recruiting Guide 2014, herausgegeben von HR Today und Prospective Media Services AG, gebundenes Buch, 148 Seiten, CHF 19.90. Hier bestellen.