Stellenwert der Arbeit nimmt mit dem Alter zu
Der Schweizer HR-Barometer analysiert seit 2006 die Beziehung von Arbeitnehmenden zu ihren Arbeitgebenden und geht in der aktuellen Ausgabe vertieft der Frage nach, wie wichtig und sinnvoll Arbeitnehmende ihre Arbeit erleben.
Was sind die Erwartungen von Arbeitnehmenden in 2024? (Bild: iStock)
Gemäss den aktuellen Daten des Schweizer HR-Barometers 2024 nimmt die Arbeit im Leben der Arbeitnehmenden in der Schweiz die zweitwichtigste Rolle ein, kurz nach der Familie und dicht gefolgt von der Freizeit. Vergleicht man diese Daten mit denjenigen von vor zehn Jahren, so zeigt sich, dass die Bedeutung der Familie praktisch gleich geblieben ist, während der Stellenwert der Freizeit auf Kosten der Arbeit leicht zugenommen hat. Tendenziell wird der Freizeit also mehr Bedeutung beigemessen. Interessant ist auch, dass der Stellenwert der Arbeit mit steigendem Alter zunimmt, während die Bedeutung der Freizeit abnimmt. Anstatt ältere Arbeitnehmende als veränderungsresistent und lernunwillig zu betrachten, sollte diese Gruppe gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels stärker berücksichtigt und gefördert werden.
Erwartungen der Arbeitnehmenden stagnieren
Die Trendanalysen 2024 zeigen, dass sich die aktuelle Arbeitsmarktsituation auch in der Ausgestaltung der Arbeitsbeziehung widerspiegelt, die beim Schweizer HR-Barometer mithilfe des sogenannten psychologischen Vertrags gemessen wird. Der psychologische Vertrag erfasst die gegenseitigen Erwartungen und Angebote der Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden und geht über den juristischen Arbeitsvertrag hinaus. Während in den Vorjahren ein leichter Anstieg der Erwartungen der Arbeitnehmenden zu beobachten war, denen die Arbeitgebenden mit einem steigenden Angebot begegneten, zeigt sich im Jahr 2024 eine Tendenz zur Stagnation. Die Angebote der Arbeitgebenden sind nahezu unverändert im Vergleich zu 2022. Die Erwartungen der Arbeitnehmenden bleiben mehrheitlich auf einem stabilen Niveau oder sind sogar leicht rückläufig.
Diese Stagnation der Erwartungen könnte damit zusammenhängen, dass die Arbeitnehmenden die veränderte Arbeitsmarktsituation spüren. Während 2022 noch ein klarer Arbeitnehmermarkt mit vielen offenen Stellen vorherrschte, zeichnet sich aktuell eine andere Tendenz ab. Nach einer deutlichen Verlangsamung des Stellenwachstums im Jahr 2023 ist der Arbeitsmarkt im Jahr 2024 tendenziell rückläufig. Die Arbeitslosenzahlen bleiben in der Schweiz zwar tief, aber das Wirtschaftswachstum stagniert. Auch die Arbeitnehmenden scheinen diese Entwicklungen zu spüren, weshalb sie ihre Erwartungen an die Arbeitgebenden grösstenteils nicht weiter erhöhen.
Höheres Bedürfnis nach Sicherheit
Zudem ist derzeit fast die Hälfte der Beschäftigten an einer traditionell sicherheitsorientierten Karriere in einem Unternehmen interessiert, das heisst an einem langfristigen Verbleib im Unternehmen, der nicht unbedingt mit hierarchischem Aufstieg einhergeht. Das entspricht einem Anstieg dieses Karrieretyps gegenüber den Vorjahren, in denen dessen Häufigkeit noch unter 40 Prozent lag.
Das zunehmende Bedürfnis nach Sicherheit dürfte auf die vielfältigen gesellschaftlichen und politischen Unsicherheiten und den tiefgreifenden technologischen Wandel durch Automatisierung und Digitalisierung zurückzuführen sein. Die Unternehmen stehen vor der Herausforderung, eine ausgewogene Balance zwischen Stabilität und notwendigen Veränderungen zu schaffen, um zu verhindern, dass die stark ausgeprägte Sicherheitsorientierung der Beschäftigten in ein unbewegliches Festhalten am Status quo mündet.
Schweizer HR-Barometer
Der Schweizer HR-Barometer untersucht regelmässig, wie Angestellte in der Schweiz ihre Arbeitssituation erleben. Erhoben werden Themen wie der psychologische Vertrag, Human Resource Management, Führung, Arbeitszufriedenheit und Karriereorientierung. Die Studie wird von den Universitäten Luzern, Zürich und der ETH Zürich veröffentlicht. Grundlage des HR-Barometers 2024 ist eine Befragung von 2032 Angestellten, durchgeführt zwischen März und Juni 2024. Die aktuelle Ausgabe thematisiert «Sinn und Unsinn in der Arbeit» und wird vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützt. www.hrbarometer.ch