Vom Umgang mit Mobbing und Bossing
Werden Kündigungen durch den Arbeitgeber mit nachlassender Leistung oder mangelnder Integration begründet, sehen sich Arbeitgeber vermehrt mit dem Vorwurf des Mobbings konfrontiert. Es wird ihnen auch vorgeworfen, sie hätten das Mobbing nicht verhindert.
Der Arbeitgeber muss Mitarbeiter vor Mobbing schützen. (Bild: 123RF)
Der Begriff des Mobbings ist im schweizerischen Arbeitsrecht nicht definiert. Oft werden Arbeitgeber von enttäuschten Arbeitnehmern mit dem Vorwurf des Mobbings konfrontiert, ohne dass ein solches wirklich vorliegt. Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts wird Mobbing als systematisches, feindliches, über einen längeren Zeitraum anhaltendes Verhalten, mit dem eine Person an ihrem Arbeitsplatz isoliert, ausgegrenzt oder gar von ihrem Arbeitsplatz entfernt werden soll, definiert. Im Falle des Mobbings durch einen Vorgesetzen wird auch von Bossing gesprochen.
Zu beachten ist aber, dass Mobbing nach der Rechtsprechung nicht bereits vorliegt, wenn ein Arbeitskonflikt ausgebrochen oder die Arbeitsatmosphäre schlecht ist. Ebenso stellt nicht bereits jede Drucksituation, welche durch den Arbeitgeber ausgelöst wird, Mobbing dar. So stellen auch das Setzen von Zielen durch den Arbeitgeber und der dadurch entstehende Druck, wenn der Arbeitnehmer diese nicht erreicht, für sich allein kein Mobbing dar. Ob Mobbing vorliegt, ist in jedem Einzelfall aufgrund der konkreten Umstände zu prüfen.
Fürsorgepflicht des Arbeitgebers
Grundlage der Pflichten der Arbeitgeber im Zusammenhang mit dem Mobbing ist die besondere Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gemäss Art. 328 OR. Art. 328 Abs. 1 OR hält fest, dass der Arbeitgeber die Persönlichkeit der Arbeitnehmer zu achten und zu schützen, auf dessen Gesundheit gebührend Rücksicht zu nehmen und für die Wahrung der Sittlichkeit zu sorgen hat. Der in Art. 328 OR erwähnte Schutz der Persönlichkeit umfasst gemäss Lehre und Rechtsprechung auch der Schutz vor dem Mobbing.
Schutzpflichten des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber hat nicht nur selber Mobbing zu unterlassen, sondern die Arbeitnehmer vor persönlichkeitsverletzendem Mobbing durch andere Vorgesetzte und Arbeitnehmer zu schützen und dies zu verhindern. Dies kann er unter anderem durch interne oder externe Schlichtungsbemühungen, das Aufstellen von Verhaltensregeln, das Erteilen von Weisungen an den Mobbingtäter, Versetzungen oder in besonderen Situationen durch das Aussprechen von Kündigungen tun. Im Fall der Unterlassung von notwendigen, angemessenen und für den Arbeitgeber zumutbaren Schutzmassnahmen stellt dies eine Verletzung der Fürsorgepflicht gemäss Art. 328 Abs. 2 OR dar. Damit der Arbeitgeber seine Pflicht wahrnehmen kann, muss er jedoch vom Opfer informiert werden, soweit der Arbeitgeber das Mobbing selbst nicht mitbekommt bzw. die Situation nicht offensichtlich ist, ansonsten dem Arbeitgeber in der Regeln keine Unterlassung vorgeworfen werden kann.
Bei Konflikten hat der Arbeitgeber zunächst zu versuchen, diese abzubauen. Diese Pflicht besteht nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung generell bei Konfliktsituationen, unabhängig vom Vorliegen einer Mobbingsituation. Kündigt der Arbeitgeber einfach einem der Konfliktbeteiligten, so wird dies vom Bundesgericht als missbräuchlich eingestuft. Anders, wenn der Arbeitgeber die zumutbaren Massnahmen, um das Mobbing zu beenden, erfolglos getroffen hat. Es ist allerdings nicht unumstritten, ob es in einem solchen Fall aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen zulässig sein soll, dem Mobbing-Opfer zu kündigen.
Rechtsansprüche des Mobbingopfers
Zunächst stehen einem Mobbingopfer die allgemeinen Rechtsbehelfe aus Persönlichkeitsverletzung zu (Art. 28 ZGB). So kann insbesondere die Persönlichkeitsverletzung festgestellt und auf Unterlassung, Schadenersatz sowie in schweren Fällen auf Genugtuung geklagt werden.
Ist die Persönlichkeitsbeeinträchtigung genügend schwer und unternimmt der Arbeitgeber nichts oder deutlich zu wenig gegen das Mobbing, kann die betreffende Person die Arbeit einstellen, ohne den Lohnanspruch zu verlieren. In schweren Fällen kann auch eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein, so namentlich nach einer gravierenden, vom Arbeitgeber geduldeten Persönlichkeitsverletzung. Zu beachten ist allerdings, dass das Fortdauern einer Mobbing-Situation nach Abmahnung den Arbeitnehmer grundsätzlich noch nicht zur fristlosen Kündigung berechtigt, da er die Möglichkeit hat, die Arbeit zu verweigern. Ausnahmen bestehen in Fällen mit Beschäftigungsanspruch.
Wirksam kann, sofern im Falle von Mobbing gleichzeitig gegen die Schutzpflichten des Arbeitsgesetzes verstossen wird, eine Anzeige beim zuständigen Arbeitsamt wegen Verstoss gegen das Arbeitsgesetz sein. Ebenso können in besonderen Situationen strafrechtliche Rechtsbehelfe beigezogen werden, sofern Straftatbestände erfüllt werden. Zu denken ist hier insbesondere an Tätlichkeiten und Körperverletzungen, Ehrverletzungen oder sexuelle Belästigungen.
Kündigungen durch den Arbeitgeber bei Mobbingsituation können unter gewissen Umständen missbräuchlich sein. Mobbing für sich allein begründet aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts noch keinen Missbrauch des Kündigungsrechts. Der mobbende oder gebotene Schutzmassnahmen unterlassende Arbeitgeber darf aber seine Kündigung nicht mit den Folgen seiner eigenen Vertragsverletzung rechtfertigen, beispielsweise mit einer Leistungseinbusse des Arbeitnehmers, ansonsten Missbräuchlichkeit vorliegen würde.