Wie digitale Risiken zu Chancen werden
Durch die Digitalisierung der Arbeitswelt verändern sich die Geschäftsrisiken fundamental. Und damit auch das künftige HR-Rollenprofil. Um Risiken frühzeitig zu erkennen und gezielt zu investieren, ist eine Annäherung von HR- und IT-Abteilung sinnvoll. So das Fazit der neusten Trendstudie der Wissensfabrik. Ein Gespräch mit dem Verfasser Joël Luc Cachelin.
Joël Luc Cachelin, Geschäftsführer der Wissensfabrik. (Foto: Anita Schori)
Herr Cachelin, warum sollten sich Personalabteilungen mit der Digitalisierung beschäftigen?
Joël Luc Cachelin: Gerade in wissensintensiven Branchen verbringen viele Mitarbeitende ihre Arbeitstage vor dem Bildschirm. Arbeit findet vermehrt in digitalen Arbeitsumgebungen statt, auch weil immer mehr Kundenkontakte über das Internet stattfinden. Dabei verschmelzen die beiden Kernressourcen eines Unternehmens der digitalen Wissensgesellschaft: die IT und die Mitarbeitenden. Die Belegschaft lässt sich nicht mehr ohne die unterstützende digitale Arbeitsumgebung denken.
In Ihrer neusten Trendstudie über die Digitalisierung der Arbeitswelt legen Sie den Fokus auf das Thema Risikomanagement. Was hat Sie an dieser Frage interessiert?
Durch die Digitalisierung der Arbeitswelt verändern sich die Risiken fundamental, da diese vermehrt an den Schnittstellen zur IT entstehen. Viele Unternehmen beschäftigten sich noch nicht mit diesen Risiken. Das kann ins Auge gehen.
Zur Person
Dr. Joël Luc Cachelin ist Geschäftsführer der Wissensfabrik, einem Think Tank für Personal-, Wissens- und Datenmanagement.
Vormerken: Wissensatelier 2015
Am Donnerstag, 15. Januar 2015, findet das zweite Wissensatelier zum Thema «Chancen und Gefahren digitaler Arbeitswelten» statt. Anmeldung unter: www.wissensfabrik.ch/atelier-2015
Download der HRM-Trendstudie 2014: www.wissensfabrik.ch/hrmtrend2014
Was hat Risikomanagement mit HR zu tun?
Das Risikomanagement könnte ein wichtiger Bestandteil der HR-Arbeit werden. Es braucht Verantwortliche im Unternehmen, die sich um diese neuen Risiken kümmern. Ich denke das Risikomanagement ist eine ideale Aufgabe, um die Relevanz des HR aufzuzeigen. Der Bezug zur Wertschöpfung oder eben -vernichtung stärkt die Position des HR.
Worin sehen Sie den Nutzen solcher Bemühungen?
Je früher Risiken erkannt werden, desto eher gelingt es, diese in Innovationen umzuwandeln. Dazu müssen die Bedrohungen allerdings als Chancen verstanden werden. Als Chance, sich zu verändern und sich gegenüber der Konkurrenz einen Vorteil zu verschaffen.
Wann hat ein Risiko das Potenzial, sich zu einer Innovation zu entwickeln?
Wenn das Management präventiv agiert, die Risiken zum Gesprächsthema macht und versucht, die Risiken gar nicht erst eintreten zu lassen. Das Risikomanagement wird so Teil der Unternehmensstrategie.
Wie kann die Digitalisierung zur Chance werden?
Es braucht Arbeitsbedingungen, wo Wandel, Erschliessung neuer Märkte und Integration des Kundenwissens möglich werden. Zudem braucht es eine Digitalisierungsstrategie, die alle Abteilungen und alle Know-how-Träger einbindet. Ein wichtiger Teil davon ist die Datenstrategie, die besagt, wann und wo Daten gesammelt werden. Schliesslich sollten Kunden und Mitarbeitende stärker einbezogen werden. Eine besondere Rolle spielt dabei die Generation Y.
Warum?
Sie steht für die Zukunft. Sie hat die Entstehung und Verbreitung des Internets sehr bewusst erlebt. Aus Sicht der Befragten macht es deshalb Sinn, die Generation Y für die Bewältigung digitaler Risiken stärker in die Verantwortung zu nehmen. So betreibt man Talentmanagement und tritt der angeblichen Verantwortungslosigkeit der Generation Y entgegen.
Gab es bei der Umfrage auch Überraschungen?
Ja, mich überrascht die geringe Bedeutung, die das Verhältnis von Mensch und Maschine erhält. Möglicherweise war das Risiko zu abstrakt formuliert, um eine höhere Bewertung zu erhalten. Doch die steigende Digitalisierung führt in Kombination mit erhöhtem Kostendruck in vielen Unternehmen zur Frage, ob man eher in Maschinen oder Menschen investieren soll.
Wie sollen Firmen dem Dilemma begegnen?
Weder für die IT noch für das HRM sind die Budgets unendlich. Deshalb könnte es in Zukunft sinnvoll sein, HR und IT näher aneinander heranzuführen oder im Sinne eines integrierten Managements von Risiken und Innovationsentscheiden ganz zu vereinen. Auf jeden Fall braucht es ein gegenseitiges Verständnis.