BGM-Special: Einleitung

Wie geht es Ihren 
Mitarbeitenden? Fragen Sie sie!

Nicht immer sind die Ursachen von stressbedingten Absenzen eindeutig erkennbar. Um diese zu ermitteln, eignen 
sich Gesundheitsbefragungen. Béatrice Schwark, Managerin für Qualitätsmessungen bei der Hcri AG, und Nina Zumstein, 
Projektleiterin bei Gesundheitsförderung Schweiz, geben Auskunft, was bei deren Durchführung zu beachten ist.

Nichtstun kostet. Darüber sind sich alle im Klaren. Doch lohnt es sich in jedem Fall, die Mitarbeitenden zu ihrer Gesundheit zu befragen? «Gesundheitsbefragungen sind nur dann angezeigt, wenn das Unternehmen auch bereit ist, an den Themen zu arbeiten», sagt Béatrice Schwark. «Führt man eine Mitarbeiterbefragung durch und ergreift dann keine Massnahmen, frustriert das die Mitarbeitenden und schadet dem Unternehmen mehr, als es nützt», ergänzt Nina Zumstein. «Die Mitarbeitenden sind dann weniger bereit, auch künftig über wichtige Themen Auskunft zu geben.»

Nicht ganz einig sind sich die beiden Expertinnen darüber, wie häufig solche Mitarbeiterbefragungen durchgeführt werden sollten. So glaubt Nina Zumstein, dass Befragungen im Zweijahresrhythmus genügen, denn: «Der Aufwand zur Durchführung einer Mitarbeiterbefragung ist nicht zu unterschätzen. Man muss ja die Mitarbeitenden informieren, motivieren, die Befragung auswerten und die Massnahmen daraus ableiten und auch umsetzen.» Bereits die Umsetzung dauere oft lange und bis die ergriffenen Massnahmen tatsächlich eine Wirkung zeigten, ginge es noch länger. Um auf Kurs zu bleiben, müsse man «punktuell eben zwischendurch mündliche Rückmeldungen einholen». Béatrice Schwark setzt hingegen auf jährliche Wiederholungen, um «die Wirkung der Massnahmen in der Tiefe zeitnah zu überprüfen und Gegensteuer zu geben».

Mitarbeitende aktiv informieren

Nicht nur Alibiumfragen frustrierten die Mitarbeitenden, meinen Schwark und Zumstein. Auch eine mangelhafte interne Kommunikation könne demotivieren, überhaupt an einer Gesundheitsbefragung teilzunehmen. So zum Beispiel, wenn die Belegschaft nicht über das Ziel einer solchen Befragung informiert werde, welchen Stellenwert sie im Unternehmen hat und was nach der Auswertung mit den Ergebnissen geschieht. Um aufzuzeigen, dass das Projekt eine hohe Priorität geniesst, müsse das Unternehmen intern die Botschaft vermitteln, dass die Gesundheit der Mitarbeitenden wichtig sei und die Geschäftsleitung das Projekt unterstütze: «Das sendet ein Signal, dass die Auskünfte der Mitarbeitenden geschätzt werden und das Projekt eine hohe Priorität hat», sagt Nina Zumstein.

Um sich Glaubwürdigkeit zu verschaffen und die Motivation der Mitarbeitenden für weitere Befragungen aufrechtzuerhalten, gelte es, die Belegschaft bei der Erarbeitung der aus der Befragung abgeleiteten Massnahmen in Teamworkshops oder als repräsentative Vertreter in Gesundheitszirkeln einzubeziehen, sind sich Zumstein und Schwark einig. «Kostengünstige und wenig aufwendige Massnahmen sind baldmöglichst umzusetzen, um der Belegschaft nahezubringen, dass es nicht nur bei schönen Worten bleibt», ergänzt Zumstein. «Bei Massnahmen, die einen langfristigen Betrachtungshorizont erfordern, gilt es, Meilensteine zu setzen und diese sorgfältig zu terminieren: Mitarbeitende müssen wissen, was genau bis wann erreicht werden soll.» Zum Beispiel bei Arbeitsablaufoptimierungen oder Teamentwicklungsmassnahmen.

Rücklaufquote erhöhen

Damit Mitarbeitende wahrheitsgetreu über ihre Gesundheit Auskunft geben, muss transparent gemacht werden, wie das Unternehmen mit den erhobenen Daten umgeht, sind Schwark und Zumstein überzeugt. Dabei stehen Freiwilligkeit und Anonymität im Vordergrund, um zu verhindern, dass Rückschlüsse auf einzelne Mitarbeitende gezogen werden können. «Um die Rücklaufquote zu erhöhen, darf aber auch der Spassfaktor nicht zu kurz kommen», meint die Projektleiterin von Gesundheitsförderung Schweiz. So könne man mit einem Rücklaufbarometer aufzeigen, wie viele Mitarbeitende die Umfrage bereits ausgefüllt hätten und die Noch-nicht-Teilnehmer mit einem Augenzwinkern dazu ermuntern teilzunehmen oder jene Abteilung mit der höchsten Mitmacherquote mit einem Abteilungsfrühstück belohnen.

Nebst der Information und Einbindung der Mitarbeitenden gibt es auch bei der Auswertung der Befragungsresultate einige Fallstricke, denn die erhobenen Daten ermöglichen es ja auch, willkürlich  Zusammenhänge herzustellen. Doch wie verhindert man das? «Die Datenauswertung bildet das Fundament, um den Führungskräften aufzuzeigen, in welchen Teams oder Abteilungen der Schuh im Unternehmen drückt», erklärt Nina Zumstein.

Fehlschlüsse vermeiden

Um keine falschen Schlüsse zu ziehen, gelte es, «mit den befragten Menschen in den Dialog zu treten, die Probleme zu erfragen und personelle sowie finanzielle Möglichkeiten im Unternehmen zu ermitteln». Wichtig sei, die Daten als Ganzes zu betrachten und darin Muster zu erkennen. Diese Aussagen unterstreicht auch Béatrice Schwark: «Wir arbeiten ja nicht in der stillen Kammer, sondern ziehen zur Interpretation der Daten verschiedene Personen aus den Betrieben hinzu, um die verschiedenen Blickwinkel zu verstehen. Zudem nutzen wir auch Unternehmensdaten wie die Fluktuationsrate oder Absenzstatistiken.»

Stehen die Ergebnisse fest, ist darüber zu informieren. Wenn immer möglich zeitnah, betont Nina Zumstein. Zuerst in der Geschäftsleitung, wo bereits erste Lösungsansätze diskutiert werden, und danach alle Mitarbeitenden: «Wenn möglich, sollten die Gesamtergebnisse gezeigt werden, damit verständlich wird, wie die Teamergebnisse einzuordnen sind.» Im Minimum seien positive wie auch kritische Teamergebnisse zu beleuchten.

Mitarbeiterbefragungs-Tools

S-Tool der Gesundheitsförderung Schweiz

Die Mitarbeiterbefragung zum Stressgeschehen im Unternehmen wurde von der Gesundheitsförderung Schweiz in Zusammenarbeit mit der Universität Bern 2008 entwickelt. Damit gelingt es, sich in Kürze einen Überblick über das aktuelle Stressgeschehen auf Unternehmens-, Bereichs-, Abteilungs- oder sogar Teamebene zu verschaffen. Mit der 
Auswertung einer solchen S-Tool-Befragung erhält das Unternehmen Erkenntnisse darüber, wo sich im Unternehmen erhöhte Stresswerte befinden, wo betriebliche Ressourcen vorhanden sind, die entlastend wirken können, wie sich die Stresswerte über die Zeit verändert haben und wo das Unternehmen im Vergleich zu anderen steht. Dies ermöglicht, gezielt präventive Massnahmen durchzuführen, Belastungen abzubauen und Ressourcen zu stärken. www.s-tool.ch

Mitarbeiterbefragung der Hcri AG

Die Mitarbeiterbefragung der Hcri AG entstand in der Zusammenarbeit mit dem Arbeitspsychologischen Institut der Universität Bern. Die Minimalversion des modular erweiterbaren Kurzfragebogens lässt sich innert zehn Minuten ausfüllen und bei Bedarf mit Zusatzthemen ergänzen. Mit einem geringen Mehraufwand lässt sich dieselbe Befragung auch  für das Probezeitgespräch und beim Mitarbeitendenaustritt nutzen. www.hcri.ch

 

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Chefredaktorin, HR Today. cp@hrtoday.ch

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