Beweise sichern, befragen und analysieren
Diese fünfteilige Mini-Serie befasst sich mit arbeitsplatzbezogenem Fehlverhalten und dem Umgang damit. Im vierten Teil geht es um die ersten Schritte bei der Planung und Durchführung einer internen Untersuchung.
Mini-Serie «Arbeitsplatzbezogenes Fehlverhalten». (Bild: iStock)
Was ist bei der Planung und Durchführung einer internen Untersuchung zu beachten?
Ein klar definiertes Untersuchungsmandat, eine gute Projektorganisation und eine sorgfältige Planung der Untersuchung sind zentral. Sobald der Untersuchungsgegenstand klar ist, empfiehlt sich in einem nächsten Schritt das Erstellen eines Untersuchungsplans.
Soll neben Befragungen auch eine Datenanalyse durchgeführt werden (was regelmässig gemacht wird), findet diese idealerweise zuerst statt, damit die daraus erhaltenen Erkenntnisse in die Befragungen einfliessen kann.
Die gesamte Untersuchung muss vertraulich behandelt werden. Das bedeutet, dass der Kreis der involvierten Personen so klein wie möglich zu halten ist – nicht zuletzt, um die Identität eines Hinweisgebenden und der angeschuldigten Person zu schützen.
a) Beweissicherung und Dokumenten-Review
Oft liefert das Sicherstellen, Aufarbeiten und Sichten von E-Mails und anderen Dokumenten entscheidende Hinweise zum Sachverhalt. Die systematische Sichtung von Dokumenten ist nebst Befragungen ein Kernelement interner Untersuchungen. Bei einem Dokumenten-Review werden geschäftliche E-Mail-Accounts, Messenger-Apps und Chat-Protokolle der betroffenen Personen systematisch nach Hinweisen abgesucht, die das mutmassliche Fehlverhalten aufklären können.
Der Review kann unter Umständen ganze Geräte (Laptop oder Mobiltelefone) umfassen, es können aber auch Transaktionsdaten (Finanztransaktionen, Warenbestellungen, etc.) und Daten über das Verhalten von Personen überprüft werden (beispielsweise Zutritte, Zugriffe, Logins, Telefonate, Nutzung von Geräten wie z.B. Drucker).
b) Befragungen
Befragungen sind erst durchzuführen, wenn die übrigen Beweismittel gesichert, gesichtet und ausgewertet sind, so dass die Personen mit den bisherigen Erkenntnissen konfrontiert werden können. Dabei sollten die Untersuchenden stets ergebnisoffen sein.
Arbeitnehmende sind verpflichtet, über geschäftliche Belange Auskunft zu erteilen. In jedem Fall sind mindestens diejenige Person zu befragen, die die Anschuldigungen erhebt (=Hinweisgeber) sowie die angeschuldigte Person. Sodann sind diejenigen Personen zu identifizieren und zu befragen, die etwas zur Klärung der Sache beitragen können.
Sofern die Untersuchung durch einen Hinweisgebenden oder die betroffene Person selbst ausgelöst wurde, sind diese Personen in der Regel zuerst zu befragen. Die Person, der Fehlverhalten vorgeworfen wird, wird tendenziell am Schluss befragt.
Die arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht gebietet, dass die betroffene Person, der ihr gegenüber erhobene Vorwurf offengelegt wird, und dass sie sich zur Sache äussern kann. Die Arbeitgeberin dürfte oft selbst ein Interesse daran haben, der betroffenen Person gewisse Informationen zur Verfügung zu stellen. Denn wer darüber Bescheid weiss, worum es geht und wofür die abgefragten Informationen verwendet werden, wird unter Umständen eher bereit sein zu kooperieren.
Die Befragung muss einen Arbeitsplatzbezug haben. Zudem muss sie fair und ohne Druck oder Zwang erfolgen. Die Befragung von Arbeitnehmenden ist anspruchsvoll – gerade bei Untersuchungen, in denen es um vorgeworfene sexuelle Belästigung, Mobbing oder der Diskriminierung geht. Befragungen sind minutiös vorzubereiten, wobei ausgezeichnete Aktenkenntnis zentral ist. Dem Interviewten muss zudem bewusst sein, dass die Befragung ein Kommunikationsprozess ist und er seine Kommunikation (verbal und nonverbal) stets der Situation und Zielsetzung anpassen muss.
Datenschutz bei internen Untersuchungen
Damit der Datenschutz gewährleistet ist, sollten drei Fehler vermieden werden:
- Fehlende oder mangelhafte Information: Die Pflicht der Arbeitgeberin zur Information besteht unabhängig von einer spezifischen Untersuchung. Arbeitnehmende müssen darauf hingewiesen werden, was im Falle einer internen Untersuchung gilt und auf sie zukommen kann. Beispielsweise die Sichtung der eigenen E-Mails oder das Prüfen von Zugriffen auf gesicherte Dateien. Diese Information erfolgt idealerweise vorab und in allgemeiner Form (zum Beispiel durch ein Reglement oder eine Weisung), sollte aber auch im konkreten Fall geschehen, sobald und sofern die Untersuchung durch die Information nicht gefährdet wird. Unter Umständen – beispielsweise aus taktischen Gründen – kann die Arbeitgeberin mit der Information zuwarten.
- Überwachung ohne hinreichenden Verdacht: Der Zugriff auf E-Mails und andere Daten von Arbeitnehmenden oder auch Überwachungsmassnahmen sind nur dann zulässig, wenn es einen hinreichenden Verdacht gibt, der die Massnahme rechtfertigt. Das kann die Meldung eines Hinweisgebers oder die Warnmeldung eines IT-Systems sein.
- Unverhältnismässige Auswertung: Auswertungen sind auf das nötige Minimum zu beschränken. So verhindert die Arbeitgeberin, dass ihr private Inhalte bekannt werden, die sie nichts angehen. Und sie vermeidet allfällige spätere Auseinandersetzungen über Beweisverwertung und Schadenersatzforderungen.
Der letzte Beitrag der Mini-Serie «Arbeitsplatzbezogenes Fehlverhalten» erscheint am 26. Oktober 2021.