Mini-Serie «Arbeitsplatzbezogenes Fehlverhalten»: Teil 5

Keine Untat ohne Konsequenzen

Diese fünfteilige Mini-Serie befasst sich mit arbeitsplatzbezogenem Fehlverhalten und dem Umgang damit. Im fünften und letzten Teil geht es um die Auswertung und den Abschluss einer internen Untersuchung.

Auswertung von Aussagen und Material

Bei Befragungen widersprechen sich die Versionen der Geschehnisse oft. Um die Glaubwürdigkeit der Aussagen und der Befragten zu überprüfen, muss die Arbeitgeberin nach weiteren Informationen suchen und die Aussagen bewerten. Geschieht dies nicht, kann das eine Untersuchung sabotieren und zu unbrauchbaren Resultaten führen. Beispielsweise, wenn eine Meldung – ohne weitere Abklärungen – nur deshalb als «unbegründet» bewertet wird, weil sich die Aussagen der zwei Personen (Betroffene und Angeschuldigte) widersprechen.

Nebst den Befragungen ist die Auswertung elektronischer Daten zentral. Heikel wird es bei privaten Computern, privaten E-Mail-Accounts oder privaten Chats. In zwei Fällen darf die Arbeitgeberin private Geräte und Daten auswerten: (1) Sie hat die Erlaubnis des Inhabers oder (2) die Daten sind im Rahmen eines Strafverfahrens von den Strafbehörden erhältlich gemacht und der Arbeitgeberin wurde Akteneinsicht gewährt.

Auf geschäftliche E-Mails und Dokumente hat die Arbeitgeberin indes Anspruch und kann diese auch jederzeit herausverlangen oder darauf zugreifen. Die Schwierigkeit in der Praxis besteht darin, dass Geschäfts-E-Mail oder das Geschäfts-Mobiltelefon regelmässig auch private Inhalte enthält. Private Inhalte müssen – wenn als solche erkannt – zuerst aussortiert werden.

Dokumentation

Die Untersuchung ist mit allen Schritten und sämtlichen Befragungen zu dokumentieren. Idealerweise steht in diesem Bericht auch, auf welche Massnahmen verzichtet wird und weshalb. Befragungen müssen protokolliert werden, wobei mindestens eine ausführliche Aktennotiz zu erstellen ist. Ein Wortprotokoll ist nicht zwingend (und mitunter auch nicht empfohlen). Die befragte Person sollte im Anschluss an die Befragung die Aktennotiz durchlesen (und gegebenenfalls unterschreiben), um die richtige Wiedergabe der Aussagen sicherzustellen. Jedoch hat die befragte Person kein Recht auf eine Kopie der Aktennotiz beziehungsweise des Protokolls.

Abschluss der Untersuchung und Kommunikation der Resultate

Die Ergebnisse der Untersuchung sind für die Arbeitgeberin zusammenzufassen. Der Untersuchungsbericht muss neutral und objektiv verfasst sein. Er muss belastende wie auch entlastende Elemente abbilden. Der Umfang des Abschlussberichts hängt vom Mandat ab. In der Regel enthält er mindestens eine Zusammenfassung der Untersuchungshandlungen und ein Kurzfazit und hält fest, welche Massnahmen bereits ergriffen wurden oder in Planung sind. Der Bericht sollte so verfasst sein, dass er Dritten (wie Behörden oder beschuldigten Personen) offengelegt werden kann, unter Umständen mit Schwärzungen zum Schutz von Quellen.

Massnahmen aufgrund der Ergebnisse

Wird im Rahmen der internen Untersuchung tatsächlich ein Fehlverhalten festgestellt, muss das Unternehmen reagieren. Zum einen können dies mittel- und langfristige Massnahmen sein, um ähnliche Vorkommnisse zu verhindern oder zu erschweren. Zum anderen können dies personelle Konsequenzen sein. Mögliche disziplinarische Sanktionen umfassen: ein persönliches Gespräch, eine Aufforderung zur Entschuldigung bei der betroffenen/geschädigten Person, Vermerk im Personaldossier, Verwarnung, Freistellung, ordentliche oder fristlose Entlassung. Bei fristloser Kündigung muss eine solche innerhalb weniger Tage nach Kenntnis des Kündigungsgrundes ausgesprochen werden. Alternativen wie die sofortige Freistellung sind in der Praxis oft zielführender und mit weniger Nachteilen behaftet.

Unabhängig vom Ausgang der Untersuchung sollte die Arbeitgeberin (weiterhin) sicherstellen, dass es nicht zu Vergeltungsmassnahmen gegen Hinweisgeber oder andere Personen kommt, die an der Untersuchung teilgenommen haben. Abschliessend sollten die Resultate der internen Untersuchung in gegebener Form einem definierten unternehmensinternen Adressatenkreis kommuniziert werden. In jedem Fall sind die Hinweisgeberin und die angeschuldigte Person über das Resultat der Untersuchung zu informieren. Je nach Fall muss auch gegen aussen über die durchgeführte Untersuchung kommuniziert werden. Die interne und externe Kommunikation können entscheidend sein, ob ein Fehlverhalten der Reputation des Unternehmens schadet und ob seine Bekämpfung glaubwürdig wirkt.

Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos

Dr. Michael Daphinoff ist Partner bei Kellerhals Carrard und spezialisiert auf die Parteivertretung in Strafverfahren und auf das Führen von internen Untersuchungen. Er berät in den Bereichen Arbeitsrecht, Compliance und Datenschutz.

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Nicole Maurer ist Rechtsanwältin bei Kellerhals Carrard. Nebenbei ist sie als Dozentin für Arbeitsrecht im Lehrgang Sachbearbeiter Personalwesen tätig.

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