Mini-Serie «Arbeitsplatzbezogenes Fehlverhalten»: Teil 1 – Einleitung und Definition

Problematische Verhaltensweisen am Arbeitsplatz

In dieser fünfteiligen Mini-Serie befassen sich die Autoren mit arbeitsplatzbezogenem Fehlverhalten von Arbeitnehmenden und dem Umgang damit. Teil 1 schafft einen ersten Überblick und geht auf die verschiedenen Formen ein.

Bekannte Beispiele für problematische Verhaltensweisen am Arbeitsplatz sind sexuelle Belästigung, Mobbing und Diskriminierung. Häufig anzutreffen sind strafbare Handlungen wie Betrug, Veruntreuung, ungetreue Geschäftsbesorgung, Diebstahl, Verletzung von Geschäftsgeheimnissen, Urkundenfälschung, Bestechung oder sich bestechen lassen. «Evergreens» sind auch Widerhandlungen gegen die Zollgesetzgebung, Widerhandlungen gegen die Heilmittelgesetzgebung, Verstösse gegen das Wettbewerbsrecht und gegen die Finanzmarktgesetzgebung (namentlich Insiderhandel, Marktmanipulation und Verletzung von Aufzeichnungs- und Meldepflichten). Ebenfalls eine Reaktion der Arbeitgeberin auslösen müssen grobe Sorgfaltspflicht- bzw. Vertragsverletzungen des Arbeitnehmenden, wie zum Beispiel bewusst falsche Zeiterfassung, Nichtantreten oder grundloses Verlassen des Arbeitsplatzes oder regelmässige Missachtung von Weisungen.

Da es sonst den Rahmen dieser Serie sprengen würde, beschränkt sich dieser Beitrag auf die Sachverhalte, mit denen Arbeitgeberinnen erfahrungsgemäss häufig (Tendenz weiter zunehmend) konfrontiert sind.

a) Sexuelle Belästigung

Als sexuelle Belästigung gilt jede Verhaltensweise mit sexuellem Bezug, die von einer Seite unerwünscht ist. Massgebend ist das Empfinden der betroffenen Person (Mann oder Frau). Unerheblich ist dabei, welche Absichten die agierende Person hat.

Beispiele von sexueller Belästigung

Sexuelle Belästigung kann mit Worten, Gesten oder Taten erfolgen. Es sind dies zum Beispiel:

  • Vorzeigen, Aufhängen, Auflegen und Verschicken von pornografischem Material (auch elektronisch);
  • anzügliche Bemerkungen und sexistische «Witze» (zum Beispiel über das Äussere, sexuelle Merkmale, sexuelles Verhalten und sexuelle Orientierung);
  • unerwünschter Körperkontakt und Berührungen;
  • Annäherungsversuche und Druckausübung, um ein Entgegenkommen sexueller Art zu erlangen – oft verbunden mit dem Versprechen von Vorteilen und dem Androhen von Nachteilen;
  • sexuelle Übergriffe, Nötigung oder Vergewaltigung.

Die Belästigung kann sich während der Arbeit ereignen oder bei Betriebsanlässen (Weihnachtsessen, Betriebsausflug, Geschäftsreise etc.). Sie kann von Arbeitnehmenden ausgehen, von Angehörigen von Partnerbetrieben oder auch von der Kundschaft des Unternehmens. 

b) Mobbing

Unter Mobbing versteht man allgemein ein Verhalten, bei dem einzelne Mitarbeitende an ihrem Arbeitsplatz ohne begründeten Anlass gezielt, systematisch und über längere Zeit von einer oder mehreren Personen schikaniert, belästigt, angegriffen oder ausgegrenzt werden. Wird Mobbing von einem Vorgesetzen gegenüber einer unterstellten Person ausgeübt, spricht man auch von Bossing.

Beispiele von Mobbing

Mobbinghandlungen können folgenden Bereichen zugeordnet werden:

  • Angriff auf die Möglichkeit, sich mitzuteilen: nicht ausreden lassen, unterbrechen, anschreien, Informationen vorenthalten;
  • Angriff auf die sozialen Beziehungen: allgemeine Kontaktverweigerung, nicht grüssen, ignorieren, ausgrenzen, isolieren;
  • Angriff auf das soziale Ansehen: Lächerlichmachen, Streuen von Gerüchten, Sticheleien, Beleidigungen, abschätzige Bemerkungen;
  • Angriff auf die Qualität der Arbeit: schikanöse und erniedrigende Arbeiten zuweisen, ungerechtfertigte Kritik, Entziehen von wichtigen Aufgaben;
  • Angriff auf die Gesundheit: Androhung von körperlicher Gewalt, Tätlichkeiten, sexuelle Belästigung.

Mobbing liegt indes nicht schon dann vor, weil ein Arbeitskonflikt ausgebrochen oder die Arbeitsatmosphäre schlecht ist (vgl. Urteil des Bundesgerichts 4A_115/2011 vom 12.9.2011 E. 3). Ebenso wenig, wenn die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmenden klare Ziele setzt und sich der Arbeitnehmende dadurch unter Druck fühlt oder wenn die Arbeitgeberin den Arbeitnehmenden berechtigt und sachlich kritisiert. Ferner gilt es das für Mobbing typische Element der Ausgrenzung des Einzelnen zu beachten: So liegt in der Regel kein Mobbing vor, wenn sich ein Vorgesetzter gegenüber mehreren Mitarbeitenden unangemessen aufführt.

c) Diskriminierung

Als Diskriminierungen gelten Äusserungen und Handlungen, die sich in herabsetzender oder benachteiligender Absicht gegen Angehörige bestimmter sozialer Gruppen richtet. Das Gleichbehandlungsgebot wird verletzt, wenn eine Person wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung im Vergleich zu einer anderen Person in einer vergleichbaren Situation ungleich behandelt wird und dies zu einer Herabwürdigung und Ausgrenzung führt. Das Gleichstellungsgesetz verbietet explizit die Geschlechterdiskriminierung im Bereich des Arbeitsrechts (Art. 3 GlG).

Beispiele von Diskriminierung

Als die häufigsten Beispiele von Diskriminierungen am Arbeitsplatz lassen sich folgende aufzählen:

  • aufgrund des Geschlechts;
  • aufgrund des Alters;
  • aufgrund der Rasse;
  • aufgrund der Religion;
  • von Behinderten;
  • zwischen Aus- und Inländern.

Der nächste Beitrag der Mini-Serie «Arbeitsplatzbezogenes Fehlverhalten» erscheint am 12. Oktober 2021.

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Nicole Maurer ist Rechtsanwältin bei Kellerhals Carrard. Nebenbei ist sie als Dozentin für Arbeitsrecht im Lehrgang Sachbearbeiter Personalwesen tätig.

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Dr. Michael Daphinoff ist Partner bei Kellerhals Carrard und spezialisiert auf die Parteivertretung in Strafverfahren und auf das Führen von internen Untersuchungen. Er berät in den Bereichen Arbeitsrecht, Compliance und Datenschutz.

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