HR Today Nr. 10/2022: swissstaffing-News - Environmental, Social and Corporate Governance

ESG in der Personaldienstleistungsbranche

Environmental, Social and Corporate Governance, kurz ESG, ist in aller Munde. Viele Unternehmen erachten es für ihren Erfolg, auf ökologische, soziale und organisatorische Verantwortlichkeit zu achten. Auch die Personaldienstleister arbeiten mit hohen Nachhaltigkeitsstandards.

Primärer Fokus soziale Nachhaltigkeit

Personaldienstleister übernehmen eine wichtige Scharnierfunktion am Arbeitsmarkt, indem sie Stellensuchende und Unternehmen zusammenführen. Wenn sie als Personalverleiher aktiv sind, übernehmen sie zudem die gesamte Arbeitgeberverantwortung. Deshalb ist die Berücksichtigung sozialer Anliegen ein grosses Thema in der Personaldienstleistungsbranche und beim Branchenverband swissstaffing.

Die Personaldienstleistung leistet per se einen zentralen Beitrag zur sozialen Nachhaltigkeit. Denn sie sorgt einerseits – insbesondere über die Temporärarbeit – für niederschwellige Einstiegsmöglichkeiten in den Arbeitsmarkt. Andererseits trägt sie mit ihrem breiten Netzwerk zu Wirtschaft und Stellensuchenden dazu bei, dass das Arbeitsangebot und die Angebotsnachfrage gut zusammenfinden. Das stärkt die volkswirtschaftliche Wertschöpfung sowie den sozialen Zusammenhalt.

Darüber hinaus setzt sich die Personaldienstleistungsbranche dafür ein, dass sich die sozialen Errungenschaften am sich wandelnden Arbeitsmarkt weiterentwickeln. Dafür bestehen eigene Verbands-Sozialwerke (Pensionskasse und Ausgleichskasse), der Gesamtarbeitsvertrag Personalverleih und der Weiterbildungsfonds temptraining.

Stiftung 2. Säule swissstaffing: Die Verbands-Pensionskasse hat ein Versicherungsmodell entwickelt, mit dem Temporärarbeitende ab der ersten Einsatzstunde in der 2. Säule versichert werden können. Das ist bei anderen Flexworkern, wie Teilzeitarbeitenden oder befristet Angestellten, meist nicht der Fall, da sie die Eintrittsschwelle gemäss BVG nicht erreichen. Im Modell der Temporärbranche wird die Eintrittsschwelle hingegen auf den Stundenlohn umgerechnet und liegt damit so tief, dass die BVG-Versicherung ab sofort möglich ist.

Gesamtarbeitsvertrag Personalverleih: Dieser regelt die Arbeitsbedingungen der Temporärarbeitenden umfassend mit Mindestlöhnen, Arbeitszeitbestimmungen, Versicherungen fürs Alter und gegen Erwerbsausfall bei Krankheit. Er ist der grösste Gesamtarbeitsvertrag in der Schweiz und seit über zehn Jahren in Kraft.

Weiterbildungsfonds temptraining: Wer temporär über einen Personaldienstleister arbeitet, hat dank dem Gesamtarbeitsvertrag Personalverleih Anspruch auf Weiterbildungsleistungen von bis zu 5000 Franken pro Jahr. Damit leistet die Personaldienstleistungsbranche einen wichtigen Beitrag an die berufliche Mobilität und eine nachhaltige Arbeitsmarktintegration.

All die genannten Aktivitäten werden periodisch auf ihre Wirkung überprüft: Über Studien und White Paper evaluiert der Branchenverband swissstaffing regelmässig, wie es um die Arbeitsmarktfähigkeit und die Arbeitsbedingungen der Temporärarbeitenden steht. Entsprechend ist gut dokumentiert, dass die Temporärbranche als funktionierende Brücke in den Arbeitsmarkt dient (swissstaffing White Paper, 2019), Temporärarbeitende gleichwertige Arbeitsbedingungen haben wie Festangestellte (swissstaffing White Paper, 2021) und bestens sozial abgesichert sind (swissstaffing White Paper, 2022 und swissstaffing White Paper, 2019).

Als nächste Erweiterung des sozialen Nachhaltigkeits-Engagements in der Personaldienstleistungsbranche startete im Oktober 2022 die Branchenlösung QAS für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz im Personalverleih. Durch den Anschluss an die Branchenlösung und die Anwendung des entsprechenden Sicherheitssystems können Personalverleiher die Sicherheit ihrer Mitarbeitenden weiter verbessern und die Anforderungen der EKAS Richtlinie Nr. 6508 erfüllen.

Digitalisierung begünstigt ökologische Nachhaltigkeit

Die ökologische Nachhaltigkeit ist im Vergleich zur sozialen Nachhaltigkeit weniger Thema im Geschäftsmodell der Personaldienstleister, da dieses weder energie- noch rohstoffintensiv funktioniert. Die Digitalisierung in der Personaldienstleistung leistet aber einen wichtigen Beitrag zur Reduktion des ökologischen Fussabdrucks, indem weniger Papier gedruckt und verschickt werden muss und indem weniger Mobilität erforderlich wird. Viele der Prozesse beim Personaldienstleister wie das Vertragswesen, die Interviews mit Stellensuchenden und Kundengespräche laufen heute digital ab.

swissstaffing engagiert sich dafür, dass die entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen an die digitale Realität angepasst werden. Nach wie vor stellt das Schriftform-Erfordernis im Arbeitsvermittlungsgesetz eine Hürde für die Digitalisierung der Personaldienstleistung dar. Es schreibt vor, dass die Einsatz- und Verleihverträge entweder handschriftlich oder qualifiziert elektronisch unterzeichnet werden müssen. Ersteres schafft aufwendige Parallelitäten zur Digitalisierung. Zweiteres ist (noch) keine richtig funktionierende Alternative, da die qualifizierte elek­tronische Signatur noch zu wenig von der breiten Bevölkerung genutzt wird.

Gesetzlich und verbandlich verankerte Governance-Standards

Von Gesetzes wegen braucht es für die Eröffnung einer Personalvermittlungs- oder Personalverleihfirma eine Bewilligung. Nachzuweisen ist, dass die für die Leitung verantwortliche Person über die erforderlichen Fachkompetenzen verfügt und einen einwandfreien Leumund geniesst. Zudem muss der Personalverleiher zur Sicherung von Lohnansprüchen eine Kaution hinterlegen.

Ergänzend dazu setzt sich swissstaffing mit ­seinen Mitgliedern aktiv dafür ein, dass die Personaldienstleister mit hohen Qualitätsstandards arbeiten. Dafür bietet swissstaffing Qualitätsstandards mit einem entsprechenden Audit, Weiterbildungsangebote und Rechtsberatung für Personaldienstleister. Wer Mitglied bei ­swissstaffing werden möchte, muss die ent­sprechende Bewilligung durch den Kanton ­beziehungsweise das Seco vorlegen. Zusätzlich muss er das Qualitätsaudit von swissstaffing durchlaufen und bestehen. Im Audit werden verschiedene Geschäftsprozesse beim Personaldienstleister geprüft. Um Mitglied zu bleiben, muss alle drei Jahre ein Wiederhol-Audit durchgeführt werden.

Die organisatorische Verantwortlichkeit und Governance-Qualität in der Personaldienstleistung möchte swissstaffing künftig mit einem weiteren Angebot ausbauen – nämlich einer Self-Learning-Plattform für Personalberatende. Diese soll einerseits beim Einstieg in die Personaldienstleistung unterstützen und andererseits als ständiger Begleiter die Personalberatenden auf ihrem beruflichen Werdegang über Neuerungen auf dem aktuellen Stand halten.

Fazit

Die nachhaltigkeitsorientierte Geschäftsführung umfasst in der Personaldienstleistung somit sehr viele unterschiedliche Aspekte. Sie ist über die Jahre zu einem breiten Geflecht an Standards, Strukturen und Kontrollsystemen angewachsen. Sie ist damit auch Abbild des starken Wachstums der Personaldienstleistungsbranche, welche Verantwortung für ihre tragende Rolle am Arbeitsmarkt übernimmt.

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Myra Fischer Rosinger

Myra Fischer-Rosinger ist Direktorin von swissstaffing, dem Branchenverband der Personaldienstleister. Die Politologin und Volkswirtschaftlerin prägt die Entwicklung von swissstaffing seit 2006. Massgeblich beteiligt war sie an der Einführung des Gesamtarbeitsvertrags Personalverleih, der seit 2012 in Kraft ist. Im Branchenverband swissstaffing sind 300 schweizerische Personaldienstleister organisiert. Der Arbeitgeberverband ist Kompetenz- und Servicezentrum für die Temporärbranche und vertritt die Anliegen seiner Mitglieder gegenüber Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. www.swissstaffing.ch

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