Mit Bewerbern chatten
Während andere noch davon reden, nutzt der Online-Retailer Siroop seit Ende 2016 einen Chatbot im Rekrutierungsprozess. HR-Leiterin Judith Oldekop und die Projektverantwortliche Yeshi Ngingthatshang ziehen eine positive Zwischenbilanz.
Judith Oldekop (rechts) ist seit der Gründung von Siroop als Head of People and Culture tätig, Yeshi Ngingthatshang ist People and Culture Managerin mit Fokus auf Projektarbeit. (Bild: zVg)
Siroop ist bisher der einzige Schweizer Arbeitgeber, der im Rekrutierungsprozess einen Chatbot einsetzt. Was gab den Anstoss dazu?
Judith Oldekop: Wir möchten potenziellen Bewerbern unsere Kultur auf spielerische Art und Weise nahebringen. Gleichzeitig zeigen wir mit dieser Entwicklung auf, dass wir auf hohem technologischem Niveau agieren.
Was ist das Ziel des Chatbots?
Yeshi Ngingthatshang: Mit dem Chatbot können Besucher gezielt nach Informationen suchen und sich diejenigen Themenbereiche aussuchen, die sie besonders interessieren. Basierend auf den gewählten Begriffen wird dann beispielsweise ein bestimmtes Thema beleuchtet oder auf gezielte Jobangebote hingewiesen. Auf diesem Weg erfahren potenzielle Kandidaten beispielsweise von unseren Hackdays oder Mystery Lunches. Der Chatbot soll die zu uns passenden Kandidaten animieren, sich bei uns zu bewerben. Wenn sich jemand angesprochen fühlt, ist das schon ein Zeichen, dass das Matching passen könnte. Derzeit zählen wir monatlich rund 1500 Chat-Nutzer, die innerhalb des Chats am häufigsten nach passenden Jobs suchen. Das entspricht etwa einem Drittel aller Besucher, die auf unsere Karriereseite kommen.
Was sind die wichtigsten Erkenntnisse und Erfahrungen, die ihr bisher damit gemacht habt?
Judith Oldekop: Bisher ist die Resonanz sehr positiv ausgefallen. Der Chatbot wird sehr häufig in den Motivationsschreiben erwähnt, weil er die Bewerbenden positiv überrascht. Nicht selten schreiben sie uns, dass sie sich anhand der Siroop-Jobseite ein gutes Bild von uns und unserer Kultur machen konnten. Kandidaten, die zum Interview kommen, bestätigen uns, dass sich das Bild, das wir nach aussen abgeben, mit dem deckt, was sie bei uns vorfinden. Das hat für uns eine enorme Bedeutung. Auch intern haben wir dafür sehr positives Feedback bekommen. Das ist uns ebenfalls sehr wichtig, weil es zeigt, dass sich Siroopies mit der Seite sehr stark identifizieren.
Inwiefern hat der Chatbot die Qualität der eingereichten Dossiers beeinflusst?
Judith Oldekop: Die Resonanz auf unsere Inserate war zum Glück schon immer gut. Nach dem Launch der neuen Karriereseite stellen wir fest, dass sich die Kandidaten vermehrt mit unserer Kultur identifizieren. Das hilft beiden Seiten sehr. Dazu sei aber noch gesagt, dass wir Kandidaten häufig absagen müssen, weil sie die spezifisch gefragten Fachkenntnisse nicht mitbringen, und nicht etwa, weil sie nicht zu unserer Kultur passen würden. Somit ist das für uns auch ein Zeichen, dass der Kulturcheck via Karriereseite gut funktioniert. Wir möchten ja nicht mehr Bewerbende ansprechen, sondern passendere.
Braucht es den Menschen im Rekrutierungsprozess denn in Zukunft denn überhaupt noch?
Yeshi Ngingthatshang: Wir haben nicht vor, den zwischenmenschlichen Kontakt im Rekrutierungsprozess durch einen Bot zu ersetzen. Emotionen zu sehen und zu zeigen, ein Blickaustausch, ein Räuspern und Hüsteln, gemeinsam über einen nicht so lustigen Witz lachen – das sind alles Dinge, die wir als Menschen weder im Rekrutierungsprozess noch im Alltag missen möchten.
Die Macherinnen
Judith Oldekop (rechts) ist seit der Gründung von Siroop als Head of People and Culture tätig, Yeshi Ngingthatshang ist People and Culture Managerin mit Fokus auf Projektarbeit. Siroop wurde im April 2015 gegründet und gehört zur Hälfte Swisscom und Coop. Auf siroop.ch präsentieren sich lokale und nationale Händler, die dort ihre Produkte anbieten. Das Start-up begann mit sechs Mitarbeitenden, mittlerweile sind es etwas über 180.