Arbeit und Recht

Personalverleih – was ist zulässig und was nicht?

Im Rahmen des Personalverleihs wird regelmässig befürchtet, dass die Rechte und der Schutz der Arbeitnehmer beschnitten oder gar ausgehöhlt werden. Der hiesige Gesetzgeber hat darum den Personalverleih gesondert geordnet und teilweise scharfen Regeln unterstellt.

1. Der Verleiher

Als Verleiher gilt ein Arbeitgeber, der seine Arbeitnehmer einem fremden Betrieb (dem sog. Einsatzbetrieb) zur Arbeitsleistung überlässt. Entscheidend ist bei alldem, dass der Arbeitgeber die wesentlichen Weisungsrechte über seine Angestellten an den Einsatzbetrieb abtritt. Das ist namentlich dann gegeben, wenn der Einsatzbetrieb Anweisungen über die Art der zu verrichtenden Arbeit gibt und die nötigen Hilfsmittel selber auswählt.

Wichtiges Kriterium kann auch sein, ob es «nur» um das Verrechnen von Einsatzstunden geht, oder ob der Arbeitgeber für die Arbeit seiner Mitarbeiter auch einen gewissen Erfolg garantiert und beim Nichterreichen dieses Erfolgs auf einen Teil des vereinbarten Entgelts verzichtet oder gratis Nachbesserung leisten lässt.

2. Bewilligungspflicht

Bewilligungspflichtig ist der gewerbsmässige Personalverleih in Form der Temporärarbeit oder der Leiharbeit innerhalb der Schweiz oder zwischen der Schweiz und dem Ausland (aus dem und ins Ausland).

Temporärarbeit liegt vor, wenn der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer ausschliesslich zum Zwecke des Verleihs anstellt und selber keinen eigenen Produktions- oder Dienstleistungsbetrieb führt. Der Arbeitsvertrag bezieht sich jeweils nur auf einen einzelnen Einsatz.

Bei der Leiharbeit besteht der Zweck der Anstellung des Arbeitnehmers ebenfalls darin, ihn an Einsatzbetriebe zu verleihen. Die Arbeitgeber haben jedoch meist auch einen eigenen Betrieb, in dem sie ihre Angestellten einsetzen können. Der Arbeitsvertrag wird auf eine von den einzelnen Einsätzen unabhängige Zeit abgeschlossen.

Daneben gibt es das gelegentliche Überlassen. Dabei handelt es sich um ein seltenes, kurzfristiges, nicht speziell geplantes Zurverfügungstellen von Arbeitskräften. Der Verleih von Mitarbeitern gehört nicht zum Standardangebot des Arbeitgebers. Es liegt also keine Regelmässigkeit hinsichtlich des Verleihs vor. Man stellt sich etwa einen Betrieb vor, der aufgrund von Umsatzeinbussen nicht mehr alle Arbeitskräfte weiter beschäftigen kann, sie jedoch anstatt zu entlassen vorübergehend bei einem andern Betrieb zum Einsatz bringen will. Dieses gelegentliche Überlassen ist nicht bewilligungspflichtig.

Unter Gewerbsmässigkeit im Sinn von Art. 29 der Arbeitsvermittlungsverordnung wird eine regelmässige und gewinnorientierte Geschäftstätigkeit verstanden.

Regelmässig ist eine Verleihtätigkeit, wenn innerhalb von zwölf Monaten zehn oder mehr Verleihverträge mit einzelnen oder einer Gruppe von Arbeitnehmern abgeschlossen werden. Als ein Vertrag zählt dabei die Vereinbarung über einen Einsatz.

Gewinnorientiert ist die Tätigkeit, wenn die Rechnungsstellung gegenüber dem Einsatzbetrieb den Betrag für die Lohnkosten, für die Lohnnebenkosten und für einen Verwaltungskostenanteil von max. 5 Prozent übersteigt. Gewerbsmässigkeit liegt auch vor, wenn mit der Verleihtätigkeit ein jährlicher Umsatz von mindestens CHF 100‘000 erzielt wird.

3. Allgemein geltende Vorschriften für den Verleiher

Es gibt Vorschriften, die gelten für jeden Verleiher, unabhängig davon, ob es sich um bewilligungspflichtigen Personalverleih handelt oder nicht.

  • Werden Arbeitsangebote öffentlich ausgeschrieben, müssen die Verleihbetriebe ihren Namen und die genaue Adresse angeben. In der Ausschreibung ist klar darauf hinzuweisen, dass die Arbeitskräfte für den Personalverleih angestellt werden.
  • Es sind spezielle Regeln bezüglich Datenschutz zu beachten. Daten von Stellensuchenden und offenen Stellen, die Rückschlüsse auf die Person bzw. den Einsatzbetrieb erlauben, dürfen nur mit Zustimmung der Betroffenen weitergegeben werden. Die Archivierung dieser Daten nach Abschluss der Verleihtätigkeit ist ebenfalls nur mit schriftlicher Zustimmung (jederzeit widerrufbar) der betroffenen Person möglich.
  • Der Arbeitsvertrag zwischen Verleihbetrieb und Stellensuchenden muss schriftlich abgeschlossen werden. Das Gesetz nennt die schriftlich zu regelnden Fragen und legt für Temporärarbeitsverhältnisse zwingend spezielle minimale Kündigungsfristen fest.
  • Spesen müssen belegbar sein. Pauschalen sind nicht zulässig. Sind sie nicht belegbar, werden sie als Lohn beurteilt.
  • Vertragsbestimmungen, die es den Angestellten verunmöglichen, nach Einsatzende ein Arbeitsverhältnis mit dem Einsatzbetrieb einzugehen, sind nichtig.
  • Untersteht ein Einsatzbetrieb einem allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsvertrag, sind dessen Bestimmungen über Lohn und Arbeitszeit vom Verleiher einzuhalten.
  • Der Verleihvertrag zwischen Verleih- und Einsatzbetrieb muss schriftlich abgeschlossen werden, wobei der minimale Inhalt vom Gesetz vorgegeben ist.
  • Der Verleihbetrieb darf in der Schweiz nur Ausländerinnen und Ausländer anstellen, die zur Erwerbstätigkeit und zum Stellen- und Berufswechsel berechtigt sind.

4. Zusätzliche Vorschriften für den bewilligungspflichtigen Personalverleih

Beim bewilligungspflichtigen Personalverleih gelten zusätzliche Vorschriften:

  • Der Verleihbetrieb ist im Schweizerischen Handelsregister eingetragen und er muss über ein zweckmässiges Geschäftslokal verfügen. Er darf darüber hinaus kein anderes Gewerbe betreiben, das die Interessen von Arbeitnehmern oder Einsatzbetrieben gefährden könnte.
  • Die für die Leitung verantwortlichen Personen müssen Schweizer oder EU/EFTA-Bürger sein oder über eine Niederlassungsbewilligung verfügen. Sie müssen für eine fachgerechte Verleihtätigkeit Gewähr bieten und einen guten Leumund geniessen. In der Regel verfügen Personen über die nötigen fachlichen Fähigkeiten, wenn sie eine Berufslehre abgeschlossen oder eine gleichwertige Ausbildung absolviert haben und eine mehrjährige Berufstätigkeit nachweisen können. Zudem müssen sie eine anerkannte Vermittler- oder Verleiherausbildung oder eine mindestens dreijährige Berufserfahrung in der Arbeitsvermittlung, im Personalverleih, in der Personal-, Organisations- oder Unternehmungsberatung oder im Personalwesen haben.
  • Für Auslandverleih muss die verantwortliche Person ausserdem sicherstellen, dass im Betrieb ausreichende Kenntnisse der Verhältnisse in den entsprechenden Staaten vorhanden sind, insbesondere betreffend die gesetzlichen Regelungen über die Einreise, die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und des Personalverleihs. Für den Verleih von aus dem Ausland neu zuziehender Ausländer (der nur ausnahmsweise erlaubt ist) sind Kenntnisse des schweizerischen Ausländerrechts erforderlich.
  • Ein Verleihbetrieb muss zur Sicherung der Lohnansprüche seiner Arbeitnehmer bei der kantonalen Bewilligungsbehörde eine Kaution von bis zu CHF 150‘000 hinterlegen.
  • Der Verleiher muss gegenüber der Bewilligungsbehörde auf Verlangen alle erforderlichen Auskünfte erteilen und die nötigen Unterlagen vorlegen. Über die Verleihtätigkeit ist jährlich Bericht zu erstatten.
  • Die Bewilligungsbehörde muss zudem umgehend informiert werden, wenn sich im Betrieb Änderungen gegenüber Angaben im Bewilligungsgesuch ergeben (z.B. Adressänderung, Wechsel der verantwortlichen Person, Änderung der Gesellschaftsform, Kautionswechsel, Vertragsanpassungen, etc.).
  • Der Personalverleih vom Ausland in die Schweiz durch einen ausländischen Verleihbetrieb ist bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Konzernleihe) nicht gestattet.

Betriebe, die nur innerhalb der Schweiz Personal verleihen, benötigen eine kantonale Betriebsbewilligung. Betriebe, die von der Schweiz ins Ausland Personal verleihen, oder aus dem Ausland neu zuziehende Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz verleihen, benötigen zusätzlich eine eidgenössische Bewilligung.

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Reto Sutter, Dr. iur., LL.M., ist Partner der Anwaltskanzlei Voillat Facincani Sutter + Partner. Er ist Rechtsanwalt und dipl. Steuerexperte. Er berät Unternehmen und Private vorwiegend in wirtschafts- und arbeitsrechtlichen sowie steuerrechtlichen Angelegenheiten. www.vfs-partner.ch

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Nicolas Facincani, lic. iur., LL.M., ist Partner der Anwaltskanzlei Voillat Facincani Sutter + Partner. Er ist als Rechtsanwalt tätig und berät Unternehmen und Private vorwiegend in wirtschafts- und arbeitsrechtlichen Belangen. Er doziert zudem regelmässig zum Arbeitsrecht. www.vfs-partner.ch

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